Vielleicht ist Ihnen im Vorfeld der Einschulung schon der Begriff Vorläuferfähigkeiten begegnet. Er wird seit den 90er-Jahren verwendet und bezeichnet die Fähigkeiten, die ein Kind mitbringt bzw. mitbringen sollte, wenn es in die Schule kommt. Bis dahin ging man davon aus, dass ein Kind erst in der Schule Lesen, Schreiben, Rechnen und alles, was damit zu tun hat, lernt. Dabei brachten Kinder immer schon ihre Erfahrungen aus dem Alltag mit, die meisten kannten zumindest einzelne Buchstaben, manche das ganze Alphabet, viele konnten schon bis zehn zählen und selbst Grundformen des Lesens beherrschen die meisten Kinder.
Vorläuferfähigkeiten für das Lesen
Ja, Kinder können schon vor der Schule lesen. Nicht so, wie wir es verstehen: Buchstaben, Wörter und Sätze. Aber Lesen ist ja nichts anderes als Symbole zu entschlüsseln und das macht ein Kind schon, wenn es ein „WC“-Schild sieht 🙂 Oder denken Sie daran, dass auch Kinder, die keine Buchstaben kennen, schon den ICE-Schriftzug lesen, Marken wiedererkennen oder die Bedeutung des „H“ für Haltestelle verstehen. Das sind Vorformen des Lesens. Die Kinder haben verstanden, dass Symbole eine Bedeutung haben und in der Schule übertragen sie das auf Buchstaben. Daneben ist aber auch der Umgang mit dem Buch, das Verständnis, dass Geschichten Bilder erzeugen können und die Fähigkeit Bildergeschichten zu verstehen Voraussetzungen dafür, in der Schule Lesen zu lernen.
Vorläuferfähigkeiten für das Schreiben
Auch die Entwicklung des Schreibens beginnt nicht erst in der Schule. Sie wissen das am besten, dass Kinder spätestens ab dem letzten Kindergartenjahr, oft schon früher, gerade, wenn sie ältere Geschwister haben, ihren Namen schreiben. Oder dass sie ganze „Briefe“ schreiben, indem sie ein Blatt voll kritzeln. Aus Kindersicht ist das schreiben. Schauen Sie doch mal, was Sie machen, wenn Sie einen Brief oder Einkaufszettel schreiben: Sie kritzeln – meine Schrift sieht zumindest manchmal eher wie Kritzeln als wie Buchstaben aus 🙂 Mit diesem Kritzeln beginnt die Schreibentwicklung, weil das Kind versteht, dass die Zeichen eine Bedeutung haben. Dann erkennt es die Form von Buchstaben und malt sie nach bis es schließlich verstanden hat, dass Buchstaben in Worten an verschiedenen Stellen stehen können und anfängt, den eigenen Namen zu schreiben oder Wörter abzuschreiben.
Vorläuferfähigkeiten für das Rechnen
Aber rechnen können Kinder nicht, ehe sie in die Schule kommen, meinen Sie? Weit gefehlt, sie können natürlich nicht 18 + 7 oder 3,50 € – 0,99 € rechnen, bis auf wenige Ausnahmen. Aber sie können ganz genau erkennen, welche Menge größer und kleiner ist. Probieren Sie es aus, indem Sie Gummibärchen ungleich in zwei Schälchen verteilen. 🙂 Die Fähigkeit, Mengen zu erkennen und zu unterscheiden, entwickelt ein Kind je nach Anregung schon vor der Schule wie es auch vorher Zählen lernt, auf jeden Fall dann, wenn Sie zu Hause „Mensch-ärgere-dich-nicht“ oder ähnliche Spiele spielen. Nicht umsonst arbeiten manche Schulbücher heute mit Würfelbildern, weil die Kinder diese kennen und mit Zahlen in Verbindung bringen.
Allgemeine Vorläuferfähigkeiten
Diese Beispiele zu den wichtigsten Kulturtechniken, die in der Schule gelernt werden, sind nur eine Auswahl, damit Sie sehen, was ein Kind vor dem ersten Schultag schon kann und lernt. Daneben baut es einen Wortschatz auf und übt, Auge und Hand zu koordinieren, was wichtig ist, um Buchstaben auf der Linie zu schreiben. Die Studie von Professor Jäger weist auf eine Fülle solcher Fähigkeiten hin, die ein Kind mitbringt in die Schule bzw. mitbringen sollte. Kinder entwickeln sich sehr unterschiedlich, das hängt von der Persönlichkeit ab, aber auch von den Anregungen, die es im Umfeld erhält. Die beste Förderung ist, mit Ihrem Kind viel zu unternehmen, damit es unterschiedliche Erfahrungen macht und es möglichst viel selbst tun zu lassen. Kinder signalisieren einem, was sie gerade lernen möchten, wenn Sie sich davon leiten lassen, hat es sich bis zur Einschulung die Vorläuferfähigkeiten sicher angeeignet.
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