Und jetzt muss ich mich hinstellen, beide Füße fest auf den Boden und mich ein paar Minuten lang erden? Also bitte, dafür ist nun wirklich keine Zeit. Sinnlos herumstehen, wobei sich die Arbeit türmt und ich ohnehin nicht weiß, was ich zuerst anpacken soll. Doch, gerade jetzt! Denn, oh Wunder, Achtsamkeitsübungen helfen uns zentrierter und klarer die Anforderungen des Tages zu bewältigen.
Wenn die Pflichten des Alltag uns erdrücken, führen uns Achtsamkeitsübungen zu dem Wesentlichen zurück – Spüren und Erleben, präsent sein und wertschätzen.
Minimaler Aufwand, große Wirkung
Mein Arbeitseinsatz in der Weihnachtsbäckerei ist so gut wie beendet, es fehlen mir aber noch jede Menge Kleinigkeiten zum Verschenken und, wie immer in den letzten Wochen vor dem Fest, sind die Abende fast alle so gut wie komplett verplant. Als wenn man sich nach Weihnachten nicht auch treffen könnte, aber immer heißt es „Vor dem Fest müssen wir uns noch einmal sehen.“ Ist natürlich nett gemeint, nur damit all das nicht in Stress ausartet, hilft es tatsächlich, hin und wieder (also am besten täglich) eine kleine Übung in Sachen Achtsamkeit einzuschieben.
Es reicht bereits, wenn du kurz innehältst und bewusst wahrnimmst, deine Aufmerksamkeit auf das richtest, was gerade alles um dich herum ist: Gerüche und Geräusche. Dabei wirst du automatisch dich spüren, quasi ein kurzes Innehalten und Aussteigen aus dem Gedankenstrom, eine Rast bei sich selbst. Probiere es aus und du wirst sehen, es fühlt sich nicht nur erholsam und entschleunigend an, es schenkt dir den nötigen Abstand, um gelassener weiterzumachen.
Das kostet nicht viel Zeit
Vielleicht kennst du den Body-Scan. Dabei legt man sich entspannt auf den Rücken und atmet nach und nach, beginnend bei den Füßen, durch jede Körperregion hinauf bis zum Kopf. Streng genommen nach Jon Kabat-Zinn kann so eine Übung schon mal gut 45 Minuten dauern. Dafür habe ich gerade keine Geduld. Also habe ich darüber nachgedacht, ob es nicht auch etwas schneller geht. Zum Beispiel indem ich zwischendurch immer mal wieder mein Tun kurz unterbreche und bewusst in meinen Körper fühle.
Das fühlt sich sofort entschleunigend und kräftigend an. Ich will auch nicht länger wie ferngesteuert durch den Tag rennen, sondern die Vorweihnachtszeit genießen und mich daran erfreuen, dass sie mit so vielen schönen Dingen angereichert ist. Also habe ich mir noch etwas ausgedacht: Ich starte jetzt meinen Tag fünf Minuten früher. Ich stelle meinen Wecker entsprechend und liege dann diese fünf Minuten im Bett und spüre über meinen Atem achtsam in meinen Körper hinein. Dabei sage ich mir in Gedanken „Ich bin.“ Das fühlt sich gut an und stärkt mich für alles, was vor mir liegt.
Konzentriere Dich jeden Tag direkt beim Aufwachen auf deine Atmung und gönne dir ein paar Minuten bewussten Seins.
Mentalübung für zwischendurch
Außerdem verbinde ich die kurzen Momente des täglichen Innehaltens und Spürens anschließend mit der gedanklichen Wiederholung meines „Morgen-Mantras“: „Ich bin.“. Dabei werde ich mir nämlich bewusst, dass ich genau jetzt, in exakt diesem jeweiligen Moment lebe. „Ich bin“ – Dieses Mantra wiederhole ich in Gedanken ein paar Mal und atme es tief ein, spüre nach, wie es sich anfühlt.
So ein einfacher Satz, bewusst und achtsam nachgespürt, bewirkt bereits eine kleine Haltungsänderung hin zu mehr Wertschätzung. Denn sobald du die Dinge, die du am Tage verrichtest, mit mehr Wertschätzung betrachtest, durchbrichst du diesen „Abspulmodus“, hakst nicht länger nur deine To Do´s ab, sondern erlebst bewusst.
Übungen sind ein Geschenk an dich
Auf meinem Nachtisch liegt das Buch „Glück – The World Book of Happiness“, herausgegeben von Leo Bormans. Interessant finde ich darin einen Beitrag des Dänen Christian Bjornskov, Professors für Volkswirtschaft und Glücksforscher. Als er einen Fachaufsatz schreiben sollte und irgendwie partout nicht weiterkam, ist er vom Schreibtisch aufgestanden und kaufte sich ein Eis. Und in diesem Moment erkannte er, dass unser Glück unter anderem davon abhängig ist …
„… dass man an die eigene persönliche Freiheit glaubt und entsprechend diesem Glauben handelt.“
Von daher lautet eine weitere absolut wichtige Achtsamkeitsübung für mich wie folgt:
Mache jeden Tag etwas, wozu du Lust hast und was dir Freude bringt. Kostet es dich Zeit, die du „scheinbar“ nicht hast, egal, mache es trotzdem, es reichen bereits 10 Minuten.
Was passiert nämlich, wenn wir uns täglich diese individuelle Freiheit einräumen? Wir erleben diese Zeit wesentlich intensiver und sinnlicher. Wir genießen diese Zeit. Dadurch fühlen wir uns fröhlicher und vor allem gibt sie uns ein Gefühl der Selbstbestimmung. Wir selbst haben unser Leben unter Kontrolle. Somit sind Achtsamkeitsübungen ein Geschenk, das wir uns selbst machen. Mit dieser Haltung wird aus den Übungen keine leidige Pflicht, sondern eine freudige Unterbrechung des Tages, bei der wir gut für uns selbst sorgen.
So könnte ich zum Beispiel bei den Geschenken, die ich noch besorgen muss, statt von einem Geschäft zum nächsten zu rennen und verzweifelt zu überlegen, wem was Freude bringen würde, einen kurzen Stopp auf dem Weihnachtsmarkt einschieben. Mir eine Tüte gebrannte Mandeln kaufen, die rotwangigen Kleinen im Kinderkarussell beobachten, wie sie bei jeder Runde ihrer Mama zuwinken, und mich einfach nur an dem Weihnachtszirkus um mich herum erfreuen.
Achtsamkeitsübungen beschenken uns mit dem Vertrauen, unsere Zeit selbst in der Hand zu haben.
Mit einer Achtsamkeitsübung findest du zu dir selbst
Im Grunde geht es bei jeder Übung der Achtsamkeit, ob nun mit viel oder wenig Aufwand, um eine Verbindung mit dir selbst. Damit verbindest du dich für den Moment der Übung auch mit dem Leben, mit der Lebendigkeit. Übungen, bei denen du zum Beispiel achtsam dem Wasserstrahl der Dusche auf deiner Haut nachspürt oder bei denen du eine Mahlzeit mit allen Sinnen zu dir nimmst und die einzelnen Zutaten herausschmeckt. Genau diese Übungen führen dich immer zurück in die Präsenz, um das Leben JETZT zu spüren. Erleben in Achtsamkeit ist Lebendigkeit.
„Obwohl wir oft überschätzen, wie viel wir an einem bestimmten Tag leisten können (und frustriert enden), unterschätzen wir im Allgemeinen, wie viel wir in einem Jahr leisten können, wenn wir jeden Tag nur einen kleinen Fortschritt erzielen.“
Prof. David G. Myers, aus: „Glück – The World Book of happiness“
Mit einer Übung den Tag beenden
Zu viel auf einmal und schnell haben wir die Lust verloren. Vielleicht nimmst du dir deswegen immer nur eine Übung pro Tag vor. Vielleicht schreibst du bereits ein Dankbarkeitsbuch, in das du jeden Abend drei Dinge notierst, für die du dankbar bist. Ich gestehe, ich kann mich im Moment nicht dazu aufraffen, falle meist wie erschlagen ins Bett. Was ich jedoch immer tue, auch wenn ich noch so müde oder missgestimmt bin: Ich spüre für eine Weile über den Atem in meinen Körper hinein, fühle, wie alle Spannungen sich lösen. Dann zähle ich drei positive Aspekte des Tages in Gedanken auf. Was bringt mir das? Nun, zum einen schlafe ich entspannter und zum anderen ist es einfach schön, mit diesem positiven Blick auf mein Leben den Tag zu beenden.
Achtsamkeitsübungen sind wie kleine Mosaiksteinchen, die uns mit der Zeit eins nach dem anderen das Große Ganze erkennen und wertschätzen lassen.
Und damit genug für heute, ich habe keine Zeit mehr zum Schreiben, denn ich nehme mir die Freiheit und schaue, welche Freude ich mir heute gönne, ganz im Sinne achtsamer Übung.
- Gerade wenn es hektisch und stressig wird, nehme ich mir zwei Minuten: Ich atme bewusst und sage mir in Gedanken: „Ich bin.“.
- Ich fange klein an und beginne erst einmal mit nur einer Übung täglich.
- Praktiziere ich bereits ein paar Tage, spüre ich nach, ob sich was verändert hat: meine Haltung zu den täglichen Anforderungen, mein Gefühl für mich selbst.
Über Achtsamkeit im allgemeinen, was das ist und wie es dir hilft, kannst du hier weiterlesen …
Weitere Informationen zum Thema "Übungen & Impulse" findest du hier ...
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