Alle Jahresanfänge wieder sprießt ein neuer Ernährungstrend aus dem Erdboden. Darauf ist Verlass. Dabei ist auch auf unseren Körper Verlass, denn der signalisiert uns ziemlich deutlich, was er braucht. Das wusste schon die Heilige Hildegard von Bingen, und bei ihren Ernährungstipps müssen wir uns nicht einmal kasteien. Die Ratschläge der mittelalterlichen Äbtissin sind hochaktuell, leuchten ein und bringen Spaß.
Geht es um Ernährung rät Hildegard von Bingen zu achtsamen Genuss und hält wenig von Verboten oder strengen Diäten.
Mit Hildegard von Bingen spüriger essen
Hildegard von Bingen geht es in ihren Schriften in Bezug auf die Ernährung um eine bewusste Nahrungsaufnahme. Dabei verflucht sie keineswegs genussvolles Reinhauen. Ihr geht es vielmehr darum, zu spüren, worauf der Körper Lust hat, was ihm fehlt und was ihm guttun würde, damit er beispielsweise zur Ruhe kommt oder auch mehr Energie verspürt.
Beim Würzen der Speisen beherrschen wir diese Fähigkeit des achtsamen Spürens im Grunde schon sehr gut, denn schnell schmecken wir, ob etwas zu salzig, zu süß oder zu scharf gewürzt ist. Doch diese Fähigkeit bezieht auch den Bauch mit ein, das Hineinhorchen in den Bauch. Stellt sich beispielsweise nach dem Essen ein wohliges und warmes Bauchgefühl ein, ist das immer ein Hinweis darauf, dass die Nahrung gut bekömmlich ist.
Statt Kalorien zu zählen oder bestimmte Mengenangaben ja nicht zu überschreiten, rät die Äbtissin also dazu, achtsam und spüriger zu essen. So fühlst du, wann dein Körper satt ist und wann auch dein Appetit befriedigt wurde. Vor allem erlebst du beim Essen Genuss statt Frust. Denn Essen soll auch glücklich machen und deine mentale Gesundheit stärken.
Ein wichtiger Hebel für dein Gesundheitsverhalten: Essen mit Genuss statt mit Frust
Hildegard von Bingen liegt voll im Trend
Neben mir auf dem Schreibtisch liegt ein Bericht über den neusten Trend aus dem „Foodreport“ des Zukunftsinstituts. Und der lautet: „Healthy Hedonism“. Dabei geht es darum, sich endlich aus diesen strikten Ernährungsvorgaben zu befreien, um wieder genussvoll und ausgewogen zu essen. Sozusagen Essen nach Lust und Laune. Denn Genuss ist ein wichtiger Faktor für das Gesundheitsverhalten. Wer sich ständig dies und das verbietet, bleibt langfristig ohnehin nicht dabei und wird mental nicht glücklich.
Das Schöne an diesem Trend: Beispielsweise auch Chips, Schokolade, Gummibärchen und ab und zu ein Gläschen Roten sind erlaubt. Aber eben alles achtsam und in Maßen. Das erkannte bereits Hildegard von Bingen und prägte dazu den Begriff „Discretio“, die Gabe, das rechte Maß zu finden. Und dieser Begriff bezieht sich auf alle Lebensbereiche und damit auch auf die Ernährung.
Bei dem „Healthy Hedonism“-Trend geht es darum, dieses leidige Konstrukt von guten und bösen Lebensmitteln aufzulösen. Also darfst du dir auch ab und zu mal ungesunden Schnickschnack gönnen, doch dann statt nebenbei vor dem Fernseher, nasche Haribo & Co. achtsam am Esstisch. Du wirst sehen, dein Appetit ist viel schneller gestillt und du verputzt nicht gleich die ganze Packung. Da waltet nämlich ganz automatisch „Discretio“ – das rechte Maß.
Mit Hildegard von Bingen zurück zum natürlichen Gleichgewicht
„Gott hat ja für die vernunftbegabte Seele eine Wohnstätte in großer Vollkommenheit geschaffen, dass sie in ihr alle ihre Tugendkräfte verwirklichen kann, so wie auch der Mensch sein Haus baut, um in ihm alles, was er will, zu verrichten.“
Aus: „Liber divinorum operum: Das Buch vom Wirken Gottes“
Dein Körper ist deine Wohnstätte „in großer Vollkommenheit“. Daher rät Hildegard von Bingen, dass du einen guten Umgang mit dir selbst pflegst. Dazu gehört auch, dass du durch achtsames Spüren erkennst, welche Nahrungsmittel dich gut nähren und welche dich auch glücklich machen. Genuss hat viel mit Selbstfürsorge und Aufmerksamkeit zu tun. Achte auch einmal darauf, inwieweit dich Essen und Trinken glücklich macht, weil du damit schöne Erinnerungen verknüpfst?
Bei mir ist das beispielsweise das Stück Kuchen nach einem Stadtbummel in einem Café. Das erinnert mich an die Shopping-Touren mit meiner Mutter, oft war noch meine Oma mit dabei, und wir landeten immer am Ende in einem Café und es gab Käsekuchen und heiße Schokolade. Durch die Erinnerung setzt dieser Genuss heute Glückshormone in mir frei und die wiederum tun meiner Gesundheit gut. Würde ich mir solche Momente verbieten, würde ich mir definitiv ein Stück Lebensqualität rauben.
Übrigens aß meine achtzehnjährige Tochter fast ein Jahr lang extrem eingeschränkt auf wenige gesunde Lebensmittel reduziert. Vor ein paar Wochen sagte sie „Ich kann nicht mehr, es reicht.“ Seitdem gönnt sie sich auch mal wieder einen „Berliner“ oder ein „Pain au Chocolat“, isst gesund in großer Vielfalt und ist so, so, so viel fröhlicher.
Hildegard von Bingen hätte dazu jetzt vielleicht gesagt: „Das Kind sorgt wieder für eine gesunde und heimelige Wohnstätte für ihre Seele.“
- Statt Kalorien zu zählen und Mengenangaben abzuwiegen, esse ich genussvoll und spüre achtsam, welche Lebensmittel wie wirken.
- Ich gönne mir auch Ungesundes, jedoch esse ich es nicht nebenbei, sondern bewusst.
- Hildegard von Bingen spricht vom rechten Maß. Das nehme ich zum Anlass, achtsam mein rechtes Maß bei meiner Ernährung zu erspüren.
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