Selbst, selbst, selbst – Die Vorsilbe „selbst“ hat allgemein einen recht egoistischen Beigeschmack: Selbstbezogenheit, Selbstmitleid, Selbstsucht, Selbstbesessenheit. Puh, das hört sich nicht gut an. Selbstmitgefühl jedoch ist alles andere als egoistisch. Im Gegenteil: Je selbstmitfühlender du dir begegnet, desto mitfühlender und toleranter begegnest du anderen und desto selbstbewusster klappt es mit der Abgrenzung – ohne schlechte Gefühle.
Selbstmitgefühl bedeutet bewusste Innenschau und regelmäßige Entspannung. Das stärkt dich in deiner Haltung und der Selbstverständlichkeit, deine Grenzen zu wahren.
Abgrenzung beginnt mit einer Innenschau
Bei Kopfschmerzen schnell ein Aspirin schlucken und bei Halsschmerzen ein Salbeibonbon lutschen. Statt die Symptome unseres Körpers unachtsam mit irgendwelchen Mitteln aus dem Wege zu räumen, könnten wir im Grunde auch einmal in uns hineinhorchen, was diese körperlichen Zeichen uns sagen wollen.
Halsweh beispielsweise kann auch unterdrückte Wut sein und steht sprichwörtlich dafür, dass wir nicht mehr bereit sind, etwas weiter hinzunehmen oder zu „schlucken“. Und statt zu Aspirin zu greifen, frage dich lieber: „Was bereitet mir Kopfzerbrechen?“
Leider neige ich auch dazu, den typischen Automatismen zu folgen, statt mitfühlend in mich zu horchen, wo es seelisch gerade „drückt“. Abgrenzung beginnt nämlich bereits bei uns selbst. Abgrenzung von dieser Maxime, immer alles zu meistern, immer weiterzumachen, auch wenn es über die eigenen Kräfte geht.
Für unser Wohlbefinden ist es essenziell, sich selbst auf freundliche und mitfühlende Art zu begegnen, um uns von antrainierten Automatismen abzugrenzen.
Einen großen Fehler, den wir bei der Innenschau machen, ist der, dass wir lediglich unseren Geist befragen. Dann haben wir vielleicht schnell eine Antwort dafür parat, was uns gerade Kopfzerbrechen bereitet, doch im gleichen Moment sind wir wieder mittendrin in dem Problem, das uns zusetzt. Besser ist es also, ins tatsächliche Spüren zu kommen, um uns dabei von dem permanenten Grübler in unserem Kopf abzugrenzen beziehungsweise zu lösen.
Mitfühlend nach innen schauen und erst einmal nur spüren und den Geist loslassen, das ist viel effektiver und nicht selten spüren wir danach bereits eine Besserung der körperlichen Symptome.
Abgrenzung durch Entspannung
Mithilfe einer Atemübung kannst du deine Gehirnaktivität absenken, um in den Bereich zu kommen, der für das Fühlen zuständig ist, für Entspannung und ein wenig Träumerei. Dazu legst du dich auf den Rücken, lässt erst einmal ein wenig alles los und legst nun deinen Daumen locker in deinen Bauchnabel. Jetzt beginnst du so zu atmen, dass sich dein Bauch hebt und senkt, sprich deine Hand sich bewegt. Dabei bleiben Brust- und Schulterbereich ruhig. Du kannst dir dabei vorstellen, dass dein Bauch wie ein kleiner Blasebalg ist.
Oder aber du stellst dir vor, du würdest die Luft über die Füße einsaugen. Ist dein Bauch durch das Einatmen locker gefüllt, öffne leicht deine Lippen und lass die Luft mit einem Geräusch durch den Mund entweichen. Das Geräusch hilft dir dabei, dass sich dein Gehirn mit dem Ausatmen identifiziert. Achte darauf, dass du dir für das Ausatmen mehr Zeit als für das Einatmen nimmst, denn das Ausatmen steht für das Loslassen.
Mithilfe einer solchen selbstmitfühlenden Atemübung sinkt die Gehirnfrequenz und du kommst recht schnell in einen entspannten Zustand. Laut wissenschaftlichen Untersuchungen gelangt man so in einen sogenannten Alpha-Frequenzbereich, ähnlich wie bei der Meditation. In diesem Bereich erkennst du klar, was hinter deinen körperlichen Symptomen steht, ohne dich davon stressen zu lassen. In diesem Bereich nimmst du einfach nur wahr, nimmst an und betrachtest liebevoll und entspannt, was ist.
Atemübungen helfen dir, deine inneren Schwerenöter zu erkennen, sie wohlwollend zu betrachten und dich bewusst von ihnen abzugrenzen.
Abgrenzung von den eigenen Gedanken
Ohne Selbstmitgefühl bleiben wir mit unserem geistigen Fokus genau bei dem hängen, was uns nicht guttut, und lassen zu, dass unsere Gedanken weiterhin genau um diese Dinge kreisen. Dann kann es auch passieren, dass wir leicht in eine Art Opferrolle schlüpfen, weil wir unsere Grenzen missachten und es an Abgrenzung fehlt. Schlimmstenfalls nehmen wir dann eine Märtyrerhaltung ein, nach dem Motto: „Seht mal alle her, wie ich mich aufopfere.“
Daher ist Selbstmitgefühl so wichtig. Schenke dir die Aufmerksamkeit, die du in Bezug auf andere ganz selbstverständlich an den Tag legst. Behandle dich selbst ebenso führsorglich und mitfühlend. Und spürst du, wie sehr dich deine Gedanken negativ am Wickel haben, gehe aus der Situation heraus, indem du zum Beispiel ein paar Schritte draußen spazieren gehst, dich reckst und streckst und alles ausschüttelst oder laut singst oder summst. Es geht darum, den ewig laufenden Gedankenstrom für einen Moment unterbrechen. Eine kurze Auszeit, um zu spüren, Energie zu tanken und Abstand zu den Gedanken zu gewinnen.
Selbstmitgefühl bedeutet, rechtzeitig zu erkennen, welche Gedanken dir in diesem Moment nicht guttun, um dich bewusst davon zu lösen und abzugrenzen.
Gedanken, Entspannung und Innenschau – Je mitfühlender du dir selbst gegenüber bist, desto fühliger wirst du für diese drei Komponenten. Denn jeder noch so gut gemeinte Ratschlag, von wegen „Du musst lernen, dich abzugrenzen.“, verpufft ohne die Praxis des Selbstmitgefühls. Das Gute daran ist außerdem, dass dadurch dein Selbstwert gesteigert wird. Du bist es dir wert, dich mitfühlend selbst zu umsorgen. Das ist doch großartig.
Bereits beim Lesen dieses Satzes kannst du vielleicht spüren, dass deine Haltung dir selbst gegenüber weicher und nachsichtiger wird. Nimm dir also fest vor, täglich deinen Fokus auf Selbstmitgefühl zu richten. Erlaube dir Selbstmitgefühl und frage dich immer mal wieder, was dir in dem jeweiligen Moment guttun würde. Du bist dein höchstes Gut – vergiss das nie.
- Nagen Zweifel und Selbstkritik an mir, schüttle ich mich, recke und strecke mich und atme ein paar Mal bewusst tief ein und aus, um mich von diesen Gedanken zu lösen.
- Täglich praktiziere ich die achtsame Bauchatmung, um insgesamt spüriger für meine Bedürfnisse zu werden.
- Ich verurteile mich nicht für fehlende Abgrenzung, sondern spüre liebevoll in mich hinein, was genau mich daran gehindert hat, welche Gedanken und Konditionierungen.
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