Für Dankbarkeit bedarf es etwas mehr als Kerzenschein und Weihnachtsgans

Das Fest der Stille ist selten still. Die Verwandtschaft kommt angerauscht, viele Hände werkeln in der Küche, Geschirr klappert, Weihnachtslieder dudeln rauf und runter und alle Jahre wieder gibt es ja so viel zu erzählen. Das ist schön und so soll es auch sein. Und findest du jetzt einen stillen Moment, um dieses Geschenk der Liebe bewusst zu spüren, breitet sich Dankbarkeit in deinem Herzen aus.

Je öfter wir uns mit unserer inneren Stille verbinden und in Dankbarkeit dem Guten und Schönem nachspüren, desto erfüllter fühlt sich unser Leben an.

Dem Glück nachspüren

Weihnachten ist das Fest der Liebe. Schade nur, dass wir uns meist viel zu viel Hektik und Stress bereiten, denn um die Liebe zu spüren, bedarf es der Stille. Kam irgendwie früher auch schon zu kurz. Ich erinnere noch gut, wie aufgeregt wir als Kinder waren. Erst das festliche Essen bei Kerzenschein, dann ungeduldig auf der Kirchenbank hin und her gerutscht, danach erst durften wir den Tannenbaum bestaunen und schließlich gab es die lang ersehnte Bescherung.

Die Geschenke wurden ungeduldig ausgepackt und immer brav „Dankeschön“ an Oma und Opa, so gehörte sich das. Danach noch Kaffee und Torte um Mitternacht – alte Familientradition – bis ich selig im Bett lag und… endlich, jawohl endlich in der Stille fühlte ich so etwas wie vollkommenes Glück – Dankbarkeit für den Heilig Abend.

Beim Einatmen schenke ich meinem Körper Ruhe.
Beim Ausatmen lächle ich.
Ich verweile im gegenwärtigen Moment und weiß.
Es ist ein wunderbarer Moment.

Thich Nhat Hanh

Kaum war ich am nächsten Morgen erwacht, schlich ich im Nachtanzug zum Tannenbaum, knipste schnell die Kerzen an und schaute dann in Ruhe meine Geschenke an. Heute würde ich sagen, ich genoss Achtsames Erleben in Muße, Momente der Dankbarkeit und Freude.

Vielleicht sollten wir das anstehende Weihnachtsfest tatsächlich dafür nutzen, immer wieder für nur einen Moment innezuhalten, in die Stille zu gehen und zu spüren. Das geht auch inmitten des Familientrubels. Der spirituelle Lehrer Eckhart Tolle beschreibt den Zustand der Stille als einen „Ort“, an dem wir das sind, was wir jenseits unserer zeitlichen Existenz sind. Hier sind wir reines Bewusstsein, unkonditioniert und formlos. An so einem Ort des Seins, der reinen Liebe, an so einem Ort wächst Dankbarkeit.

Um Dankbarkeit bewusst zu spüren, bedarf es der inneren Stille, des Einkehrens in den Moment

Dankbarkeit in Stille pflegen

Man spricht oft davon, dass Dankbarkeit der Schlüssel zu einem erfüllten Leben sei. Und tatsächlich verändert Dankbarkeit unsere Sicht auf unser Leben. Dankbarkeit lässt das Gute aufleben und gibt uns das Gefühl von Fülle. Meistens handeln und denken wir aus einem Mangelbewusstsein heraus. Doch die Fülle ist eben auch da. Meist mehr, als uns bewusst ist. Und um die Fülle ins Bewusstsein zu heben, bedarf es Dankbarkeit. Wenn wir uns bewusst daran erinnern, wofür wir dankbar sein können, dann macht sich ein tiefes Gefühl der Befriedigung, der Zufriedenheit und der Freude in uns breit.

Lass es uns doch die kommenden Tage ausprobieren. Während die Kerzen am Tannenbaum mit dem Lametta um die Wette funkeln, das Lachen und Feixen der Neffen, Nichten, Onkel und Tanten den Raum erhellen, nehmen wir uns schweigend zurück und genießen die Stille in uns. Einen Augenblick Ewigkeit, denn in der Stille scheint die Zeit wie angehalten. Diese Stille in uns ist immer da und erreichbar, egal, was um uns herum passiert. Hast du dich mit diesem stillen Raum in dir verbunden, spüre der Dankbarkeit nach. Dankbarkeit für das, was gerade ist. Dankbarkeit für das Gute in diesem Moment.

Dankbarkeit tröstet und stärkt dich, um den Blick des Schmerzes und der Trauer auf das zu richten, was trotz allem an Gutem da ist.

Nicht jeder feiert Weihnachten im Familienkreis. Vielleicht sitzt du allein in deiner Wohnung und fühlst dich einsam. Doch auch jetzt hilft dir der Blick der Dankbarkeit. Spüre in Stille dem nach, was gut ist. Vielleicht lässt du schon jetzt einmal das Jahr in Stille Jahr Revue passieren, um den Momenten, Situationen und Begebenheiten nachzuspüren, die trotz vielleicht vieler Schwierigkeiten und Hürden Licht in dein Leben gebracht haben. Indem du dem Schönem in Dankbarkeit nachspürst, wiederbelebst du es, verlängerst es und lässt es erneut in dein Herz strömen.

Sich für das Leben stärken

Das Leben kann manchmal sehr herausfordernd sein. Und angesichts der unsicheren Zeiten weltweit ist es nur verständlich, in Angst und Sorge zu leben. Doch der Ort der Stille in dir ist dein Rückzugsort, zu dem du jeder Zeit fliehen kannst. Hier herrscht Frieden, frei von Angst und Sorge. Je öfter du diesen Ort mit Dankbarkeit erhellst, desto vertrauensvoller und zuversichtlicher wirst du. Dankbarkeit, in Stille gefühlt und im Herzen verankert, stärkt dich für die zukünftigen Wogen des Lebens. Und es ist gar nicht schwer, in die eigene Stille zu kommen. Lausche aufmerksam deinem Atem, spüre dabei in dich hinein, spüre, wie dein Körper zur Ruhe kommt und dein Geist mehr und mehr loslässt. Das ist bereits alles.

„Wenn du trinkst, trinke,
wenn du gehst, gehe.“

Zen-Weisheit

Dankbarkeit öffnet unsere Sinne für das Wesentliche

Je öfter du in die Stille geht, desto sensibler wirst du natürlich für die Geräusche im Außen. Spannend finde ich, dass du gleichzeitig sensibler für deine eigenen Geräusche wirst. Vielleicht wirst du hellhöriger für deine Schritte beim Gehen, für deinen Atem und vielleicht hörst du sogar deinen Herzschlag, wenn du in Stille sitzt. Unser menschliches Hören beginnt bei 0 Dezibel. Schneefall hat circa 10 Dezibel und leichter Nieselregen bereits 30 Dezibel. Lausche einmal achtsam diesen Naturphänomenen. Während du diese Wunder „erhorchst“, kommst du zur Ruhe und fühlst dich verbunden. Du kostest einen Moment der Dankbarkeit dafür, dass du, verbunden mit allem, ein Teil des Großen Ganzen bist.

Neben mir auf dem Schreibtisch liegt ein Artikel über den Coach und Berater Ulf Bohman, der mit einem Dezibel-Messgerät losgezogen ist, um Orte der Stille in und um Stockholm zu erkunden und zu kartografieren. Was für eine schöne Idee. Wo findest du deine Plätze der Stille? Wie hörst sich deine innere Stille an?

Sich mit der inneren Stille zu verbinden ist etwas, bei dem du dir selbst sehr nahekommst. Damit pflegst du die Verbindung zu dir selbst, die uns im Alltag oft verloren geht.

In die Stille gehen, spüren und dein Herz für Dankbarkeit öffnen. So ein Moment ist ein kostbares Geschenk an dich selbst.

Die Liebe fürs Leben entfachen

Im Hintergrund läuft gerade das Weihnachtslied „Driving home für chrismas“, eine Duftkerze verströmt Zimtduft und ich komme so allmählich in Weihnachtsstimmung. Die Geschenke müssen noch verpackt, die Pute gefüllt und der Tannenbaum geschmückt werden. Noch jede Menge zu tun. Spätestens in der Kirche am Heiligabend werde ich inmitten der Besucherschar in die Stille finden. Der Chor ertönt, das Rascheln der Mäntel und Jacken, das Flackern der tausend Kerzen und die Stimme der Pastorin, die von der Kanzel zur Gemeinde spricht. Dann werde ich wieder auf der Kirchenbank hin und her rutschen, bis ich entspannt sitze und für einen Moment alles um mich herum sein lasse, wie es ist, um der Dankbarkeit in meinem Herzen nachzuspüren. Das Wunder der Weihnacht, das Wunder der Liebe, das Wunder des Lebens.

Ich wünsche dir frohe Weihnachten und viele Momente stiller Dankbarkeit.

  • Für einen Moment Dankbarkeit ist immer Zeit. Die nehme ich mir.
  • Die „Verdauungsspaziergänge“ nach den reichlichen Speisen während der Festtage werde ich in die Natur verlegen, um achtsam den Geräuschen zu lauschen.
  • Liegen alle Familienmitglieder am Abend müde und erschöpft im Bett, setze ich mich noch für ein paar Minuten an den Tannenbaum und spüre in Dankbarkeit den schönen Momenten des Tages nach.
Über Achtsamkeit im allgemeinen, was das ist und wie es dir hilft, kannst du hier weiterlesen Worum es speziell beim Thema "Dankbarkeit" geht, findest du hier ...

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