Abgrenzung

Die Süddeutsche Zeitung titelte irgendwann einmal sehr treffend folgende Überschrift:

„Everybody`s Darling is everybody´s Depp.“

Süddeutsche-Zeitung

Ich gestehe, ich bin auch jedermanns Depp, denn viel zu oft versuche ich, jedermanns Liebling zu sein. Ich möchte gemocht werden und ich fürchte, mit einem Nein, die Gunst des anderen zu verlieren. Wie sieht das bei dir aus? Wie oft sagst du ja und ärgerst dich im Nachhinein darüber, weil du eigentlich hättest Nein sagen sollen?

Mit der Everybody´s Darling-Haltung übergehst du achtlos deine eigenen Bedürfnisse und schwächst dein Selbstwertgefühl.

Vor allem verlierst du mit dieser Ja-Sager-Haltung an Profil, an Respekt und Achtung. Achtung vor dir selbst und ebenso die Achtung deines Gegenübers, nach der du dich doch im Grunde sehnst. Mit dir kann man es ja machen. Oder nach dem Motto: Frag XY mal, die(der) sagt bestimmt Ja. Schon beim Lesen spürst du vielleicht, dass sich das gar nicht gut anfühlt. Wir schätzen Menschen, die rücksichtsvoll und konsequent für sich selbst einstehen. Manchmal bewundern wir diese Menschen sogar, da sie ihre eigenen Bedürfnisse so gut kennen und wichtig nehmen.

Abgrenzung hat mit Selbstliebe zu tun

„Der Psychoanalytiker Erich Fromm schrieb in seinem Aufsatz ‚Selbstliebe und Selbstsucht‘: ‚Selbstsucht und Selbstliebe sind weit davon entfernt identisch zu sein; in Wirklichkeit sind sie Gegensätze.‘ Selbstsucht sei ‚eine Art Gier‘ und wurzle in ‚einem Mangel an Liebe zu sich selbst‘. Echte Selbstliebe jedoch sei wie eine ‚innere Sicherheit, die es nur aufgrund echter Liebe und Bejahung gibt‘.“

Erich Fromm  |  www.mymonk.de

Ich wage hier mal einen Appell für mehr Eigensinn. Denn sich trauen, Grenzen zu setzen, hat etwas damit zu tun, wie sehr du dich liebst und wie sehr du dich selbst in deinen Fokus hebst. Wie weit gehst du damit, deine Selbstliebe zu opfern, weil du das Risiko scheust, andere zu enttäuschen? Eigensinn hat hier nichts mit Egoismus zu tun. Vielmehr geht es darum, mit allen Sinnen das Eigene wahrzunehmen, die eigenen Bedürfnisse.

Vielleicht nimmst du dir mal die Zeit, deine Bedürfnisse aufzuschreiben. Häufig kennt man seine Bedürfnisse gar nicht genau, weil sich das tägliche Hamsterrad dreht und dreht. Doch sobald du deine Bedürfnisse aufschreibst, gewinnst du Klarheit und wirst dir bewusst, warum du beispielsweise gereizt reagierst, wenn spätabends dein Kind noch Hilfe bei den Hausaufgaben einfordert, obwohl es dafür auch tagsüber Zeit gegeben hätte. Du sagst wiederstrebend Ja und übergehst dabei dein Bedürfnis nach Ruhe oder nach Zeit nur für dich alleine. Je besser du deine Bedürfnisse kennst, desto besser kannst du sie kommunizieren und im Vorfelde dafür sorgen, dass niemand hier deine Grenzen überschreitet.

Selbstliebe stärkt deinen Mut zur Abgrenzung, sie ist deine Basis.

Glaubst du nicht an dich selbst, dass deine Bedürfnisse genauso wertvoll sind wie die der anderen und dass du es wert bist, so geliebt zu werden, wie du bist, wirst du immer Schwierigkeiten haben, Grenzen zu setzen. Eigenliebe gibt dir ein festes Fundament und befreit dich von dem Blick nach außen. Glaubst du nicht an dich selbst und deine Wirksamkeit, nimmst du schnell die Meinungen und Ideen anderer Menschen an und sprichst ihren Belangen mehr Wert zu. Dabei lässt du es zu, dass deine roten Linien der Abgrenzung überschritten werden, ja, du öffnest sie sogar selbst.

„Deshalb, vergiss nicht: je mehr du deine roten Linien biegst, desto schwerer wird es sein, deinen verlorenen Boden wiederzugewinnen.“

www.gedankenwelt.de

Wer seine Werte kennt, kann sich leichter abgrenzen.

Bei dem Thema Abgrenzung geht es ja auch um die Frage, was du nicht länger tolerieren willst. In dem Beispiel mit den Hausaufgaben spätabends, willst du nicht länger Rücksichtslosigkeit tolerieren. Überlege in Ruhe, in welchen Situationen du dich nach mehr Abgrenzung sehnst. Wenn du magst, mache dir eine Liste mit den verschiedenen Situationen. Und dann schaue ebenfalls, welche Werte du in deinem Leben hast. Es geht darum deine Werte, die für dich wichtig sind, zu respektieren und zu wahren. Einer meiner wichtigen Werte in meinem Leben ist beispielsweise Freiheit. Je mehr ich mich jedoch nach den Bedürfnissen der anderen richte, mich hier nicht rechtzeitig abgrenze, desto unfreier fühle ich mich. Dabei gerate ich in einen Funktionsmodus, fühle mich eingesperrt in meinen Alltag und verliere das Gefühl für mich. Selbstliebe erscheint dann ein Fremdwort eines anderen Planeten zu sein. Sich einmal mit seinen Werten auseinanderzusetzen und zu schauen, in welchen Lebensbereichen man diese lebt und inwieweit man diese berücksichtigt, ist eine interessante Übung nicht nur für eine erfolgreichere Abgrenzung, sondern auch für das Selbstbewusstsein. Du wirst dir dessen bewusst, was für dich wichtig ist und wo du rote Linien ziehen musst, damit du deiner Selbstliebe genug Raum zur Entfaltung bietest.

Mut zur Ablehnung erleichtert die Abgrenzung

Ein Teufelskreis: aus Angst vor Ablehnung verleugnen wir uns und unsere Bedürfnisse, was zur Folge hat, dass wir uns noch weniger leiden können und selbst noch mehr verachten und ablehnen.“

www.psychotipps.com

Angst vor Ablehnung ist natürlich ganz schlecht, wenn du eigentlich ein Nein platzieren und das zähneknirschende Ja vermeiden möchtest. Unglaublich, wie sehr diese Angst einen manchmal in ihren Klauen hat. Geradezu wie selbstbestimmt sagt man dann Ja und verurteilt sich später für diese „Schwäche“.

Vielleicht kennst du das Buch „Wie ich meine Angst vor Zurückweisung überwand und unbesiegbar wurde“ von dem Autor Jia Jiang. Er beschreibt darin, wie er sich 100 Tage in die unmöglichsten Situationen begab, die im Grunde immer mit einer Ablehnung enden mussten. Beispielsweise klingelte er bei deinem wildfremden Mann und fragte diesen an der Haustür, on er in dessen garten Fußball spielen dürfe. Und den Concierge in seinem Wohnblock fragte er, ob dieser ihm einen sehr hohen Geldbetrag leihen könne. Am Ende seiner Challenge fand Jia Jang heraus, wie man eine Zurückweisung nicht persönlich nimmt und dass davon nicht die Welt untergeht. Ihm wurde klar, dass Menschen komplett unterschiedlich auf eine Bitte reagieren konnten und dieses rein gar nichts über ihn selbst aussagte. Die Antworten spiegelten lediglich die Einstellungen dieser Menschen wider und sagten damit wesentlich mehr über diese aus als über Jia Jang selbst.

Indem du ein klares Nein kommunizierst, teilst du dem anderen deine Einstellung mit, deine innere Haltung, die er mit Respekt tolerieren wird. Und er wird verstehen, dass es dabei nicht um ihn, sondern um dich geht.  Dein Nein ist nichts Persönliches gegen den anderen, sondern etwas Persönliches für dich selbst.

Bei der Angst vor Ablehnung begegnest du natürlich auch vielen alten Bekannten: Glaubenssätze aus der Kindheit und diverse Konditionierungen. Bei mir ganz vorneweg der Satz: Du musst dich nach den anderen ausrichten. Schrecklich, denn dahinter steckt auch der Vorwurf, ja nicht zu egoistisch zu sein. Und diese alten bekannten sorgen dann für das schlechte Gewissen, sobald du dir ein Nein zutraust. Doch je achtsamer du diese Muster durchschaust, desto bestimmter kannst du zukünftig auch zu ihnen ein klares Nein sagen, damit sie dir und deinen Bedürfnissen nicht länger im Wege stehen.

Im inneren Konflikt verhaftet fällt Abgrenzung schwer

Der bekannte Psychoanalytiker Fritz Riemann, berühmt geworden durch sein Hauptwerk „Grundformen der Angst“, zeigt mit seiner Typologie wunderbar die unterschiedlichen Angst-Typen auf, die dafür sorgen, dass wir oft in einem inneren Schlamassel stecken. Ich, du – jeder Mensch hat damit zu kämpfen. In Riemanns tiefenpsychologischer Studie von 1961 beschreibt er vier Typen der Persönlichkeit, die nach seinen Worten „letztendlich vier verschiedene Arten des In-der-Welt-Seins“ sind.

Fritz Riemann zeigt dabei die verschiedenen Ausprägungen der Angst auf. Er geht davon aus, dass folgende Wünsche / Sehnsüchte an uns zerren und uns sozusagen ständig in einen inneren Konflikt hineinziehen:

Einerseits Streben nach Andererseits Wunsch nach
Selbstbewahrung
Absonderung
Dauer
Sicherheit
Selbsthingabe
Zugehörigkeit
Wandlung
Risiko

Betrachtest du dieses „Modell“ in Ruhe und gleichst es mit Situationen in deinem Leben ab, erkennst du dich darin vielleicht wieder. Wir sehnen uns nach Selbstverwirklichung und Individualität, nach Platz für unseren Wünschen und unseren Belangen (Selbstbewahrung/Absonderung). Gleichzeitig möchten wir auch Nähe und Bindung genießen und ein Gefühl von Zuhause haben (Selbsthingabe/Zugehörigkeit). Diese konträren Sehnsüchte sind bei dem einen mehr in die eine und bei dem anderen mehr in die andere Richtung ausgeprägt. Doch sie schlummern in jedem Menschen. In der Phase der Pubertät beispielsweise treten diese Konflikte offensichtlich zutage: Einerseits möchte der Teenager seine eigene Persönlichkeit entwickeln, etwas Eigenes erleben und sich möglichst von zu Hause abgrenzen. Andererseits hat er noch immer der Wunsch nach Geborgenheit, nach Kind Sein und danach, sich der bestehenden Gemeinschaft Familie hinzugeben, ein Teil davon zu sein. Doch auch später, besonders mit eigenen Kindern, spürt man diesen Konflikt oft deutlich: einerseits der Wunsch nach trautem Heim und Stabilität (Dauer/Sicherheit) und andererseits Sehnsucht nach noch etwas anderem als Familie und dem täglichen Einerlei (Wandlung/Risiko).

Tagtäglich sind wir hier ein wenig am Kämpfen: Je achtsamer du diesen inneren Konflikt erkennst, desto besser wirst du auch die „Kräfte“ verstehen, die es erschweren, dich abzugrenzen. Dann sagst du Ja aus dem Wunsch der Zugehörigkeit heraus und gleichzeitig ärgert dich dieses Ja, weil du dich ebenso sehr nach Selbstbewahrung sehnst. Oder du sagst Ja, weil es der sicherere Weg ist, doch innerlich brodelt die Lust auf Abenteuer und schon reust du dein Ja, denn in deinem Bauch rumort das Nein.

Doch im Verstehen dieser inneren Dualität, die etwas komplett Natürliches ist, wächst Vertrauen. Vertrauen in die Weisheit deines Herzens. Und die Weisheit deines Herzens ist immer der klügste Ratgeber. Sie ist der Kompass, der dich in die Richtung der Lebensfreude und Liebe lenkt.

Der wichtigste Ratgeber beim Thema Abgrenzung ist dein Bauchgefühl

Wenn ich klar weiß, was für mich o. k. ist und was nicht, dann kann ich mich einfacher öffnen, weil ich sicherer und souveräner mit mir selbst bin.“

www.zeitzuleben.de

Nenn es Stimme deines Herzens oder Bauchgefühl. Ich verstehe mein Bauchgefühl immer als das Sprachrohr meines Herzens. Wie auch immer du es nennen magst, du benötigst einen Moment des achtsamen Innehaltens, um deinem Bauchgefühl zu lauschen. Manchmal spürst du bereits beim Ja-Sagen ein unangenehmes Gefühl im Bauch. Bereits während du deine Zusage gibst spürst du, dass es nicht das ist, was du willst. Das sind typische Momente, in denen du dein Bauchgefühl übergehst, in denen du dir nicht die Zeit nimmst, für einen Moment nur in dich hinein zu spüren, was dein Herz eigentlich möchte.

Du solltest dir immer angewöhnen, dir einen „Herzensraum“ zu gestatten. Dieser „Herzensraum“ sind zwei Atemzüge. Zwei Atemzüge, bevor du eine Antwort gibst. Zwei Atemzüge, um in deinen Bauch zu spüren und zu checken, wie sich die Situation gerade für dich anfühlt. Während dieser Herzenszeit kannst du selbstverständlich auch deine eigenen Emotionen abklopfen. Ein Beispiel dazu: Dein Partner fragt dich, ob du auf dem Weg zur Arbeit kurz für ihn bei der Post vorbeigehen könntest, um diverse Pakete abzugeben. Eigentlich kein Problem, die Post liegt auf deinem Arbeitsweg und Zeit hättest du auch noch dafür. Trotzdem meldet sich dein Bauchgefühl mit einem Gefühl von Groll und Ärger. Du sagst Ja und packst missmutig seine Pakete zusammen und verlässt schlecht gelaunt das Haus. Hättest du dir jetzt die zwei Minuten „Herzensraum“ genommen, zwei Atemzüge, bevor du Ja sagst, hättest du erkannt, dass du nur deswegen so missmutig über die Situation bist, weil du mal weder das Gefühl hast, für alles verantwortlich zu sein und es jedem recht machen zu müssen. Getriggert durch eine banale Frage läuft hier ein kompletter Film bei dir im Inneren ab. Würdest du dieses rechtzeitig erkennen, hättest du die Chance gehabt, dich davon zu lösen, denn in dem Moment des Erkennens beginnt bereits die Loslösung. Und dann hättest du mit einem guten Gefühl Ja gesagt statt mit einem schlechten. Denn selbstverständlich tust du deinem Partner gerne einen kleinen Gefallen.

Im „Herzensraum“ erkennst du deine unterschwellig agierenden Gefühle und gewinnst Distanz. Du siehst klar, was wirklich ist.

Von den eigenen Emotionen abgrenzen und Situationen klarer sehen

Wie bereits schon erwähnt sind es meist Konditionierungen und Glaubenssätze, die es dir so schwer machen, dich abzugrenzen. Doch nicht immer ist dieses so leicht ersichtlich. Gut, wer hier schon gut aufgeräumt hat und seine inneren „Antreiber“ und „falschen Überzeugungen“ kennt. Dann fällt es natürlich leichter, kurz in seinen „Herzensraum“ zu flüchten, sich umzuschauen und den jeweiligen Saboteur zu identifizieren. Meistens ist es aber so, dass es vielmehr diffuse Gefühle sind, die nicht leicht zu identifizieren sind. Beispielsweise ergeht mit das häufig so, wenn Freunde mich fragen, ob wir nicht mal wieder zusammen bei mir zuhause kochen wollen. Sofort habe ich ein Bild vor mir, wie es in der Werbung nicht perfekter aussehen könnte: Drei Paare am Schnippeln und Brutzeln, lachend und die Weingläser in der Hand sich zuprostend. Freudestrahlend lade ich alle sofort ein. Dabei weiß ich, dass mich diese Verabredung in den nächsten Tagen belasten wird, weil ich mich extrem für das Gelingen des Abends verantwortlich fühle und mich das alles mehr stresst als erfreut. Ich weiß auch, dass es im Endeffekt super nett wird, aber diese Angst ist da. Doch jedes Mal, wenn die Angst aufkommt, grenze ich mich von dieser Emotion ab. Ich betrete meinen „Herzensraum“, spüre hinein, wie sehr ich es mag, mit meinen Freunden zusammen zu sein und betrachte meine Angst mit einem liebevollen Lächeln: Ja, sie ist da, aber sie ist nur eine Emotion. Ich bin nicht meine Angst. Sie ist ein Impuls, der aufflackert. Doch je weniger ich ihn zum Leuchten bringe, desto schneller erlischt er wieder.

Seien es nun Gefühle von Angst, Wut, Neid, Unzufriedenheit, Verzagtheit oder Minderwertigkeit: Nimm bewusst ein paar Atemzüge, suche die Verbindung zu deinem Herzen (Herzensraum) und visualisiere, dass diese Emotion nichts weiter als ein Nervenimpuls ist, der aufkeimt und keine lange Verweildauer hat, wenn du ihn lächelnd loslässt. Angeblich sind all unsere Gefühlsregungen und Empfindungen elektronisch und chemisch nachweisbare Impulse im Nervensystem, deren maximale Dauer 30 Sekunden beträgt. Erst unser Verstand sorgt dafür, dass diese Impulse darüber hinaus am Köcheln bleiben, da er sofort mitmischt und hier mit Erfahrungen abgleicht. Im Grunde musst du dich also von dem Automatismus deines Verstandes abgrenzen. Einfach einmal Stopp sagen und ihm nicht willenlos folgen, sondern selbstverantwortlich die Regie übernehmen.

Erfolgreiche Abgrenzung mit Methode

„Sei doch mal so lieb …“

„Das macht Dir doch nichts aus …“

„Tu mir doch schnell den Gefallen …“

Solche Sätze kennst du gut genug und damit du dich in Zukunft klarer positionieren kannst und deine Grenzen entsprechend kommunizierst, hier ein paar Tipps für dich.

Beachte bei allem jedoch immer, dass jeder Mensch eine eigene Wahrnehmung hat. Was für Dich Schwarz ist, ist für den anderen Dunkelgrau und wieder ein anderer spricht von Graubraun. So wie du nicht möchtest, dass man dich wegen deines Nein weniger mag, so sollte es auch umgekehrt sein. Verurteile den anderen nicht, woher soll er deine Grenzen kennen, wenn du sie ich nicht zeigst?

„Wer dort lediglich seine eigene Meinung als einzig richtige, ‚wahre‘ gelten lässt und anderen ihr Recht abspricht, grenzt sich nicht nur ab, sondern grenzt oft aus.“

www.karrierebibel.de

1. Kurz und auf den Punkt

Ein häufiger Fehler ist, sich in langatmigen Rechtfertigungen zu verstricken oder sogar in Ausreden zu verheddern. Du fürchtest dich vor einem klaren „Nein“ ohne Begründung. Das erfordert auch Mut. Und schon bist du am Zweifeln, nach dem Motto: Steht es mir zu, Nein zu sagen? Stelle ich mich vielleicht nur an? Habe ich ein Recht, mich abzugrenzen? – Diese Art von inneren Diskussionen enden meist mit dem frustrierenden Gefühl, im Grunde nicht genau zu wissen, was man will. Und schon sinkt dein Selbstwert in den Keller: „Typisch ich, weiß mal wieder nicht, was ich eigentlich will und ich hasse mich ohnehin für meine blöden Ausreden.“ Spürst du, was das alles mit dir machen kann? Dabei hast du nicht nur das Recht dazu, für dich einzustehen, es ist sogar deine Pflicht. Daher sei mutig und fasse dich kurz. Und vermeide ellenlange Begründungen. Du musst dich nicht erklären. Konstruierte Ausflüchte mindern ohnehin nur deine Glaubwürdigkeit und dein Selbstwertgefühl. Folgende Sätze helfen dir vielleicht bei einer klaren Positionierung:

  • „Ich kann verstehen, dass du Hilfe brauchst, aber die Wochenenden gehören meiner Familie.“
  • „Ich helfe dir sehr gerne, aber für dieses Projekt fehlt mir die Zeit / Erfahrung / Know How.“
  • „Ich verstehe, dass es für dich schwierig ist, aber ich bin davon überzeugt, du wirst es schaffen.“

2. Für Abgrenzung bedarf es Konsequenz

Wie oft sagst du „Ja“ und revidierest dein „Ja“ später zu einem „Nein“? Anfänglich gut gemeint, sorgt deine fehlende konsequente Abgrenzung bei dem anderen für Enttäuschung und Ärger. Er ist von dir enttäuscht, dabei hast du nichts gemacht. Und du stehst da, spürst diese Missstimmung und ärgerst dich dann auch noch über dich selbst. Langfristig wirst du durch dieses Hin und Her außerdem unglaubwürdig. Konsequentes Abgrenzen dagegen sorgt für Respekt. Achte einmal selbst auf die Menschen, die sich klar abgrenzen. Wie machen sie das? Verurteilst du sie dafür oder achtest du sie? 

3. Bei Abgrenzung kommt es auf das Timing an

Sagt dir dein Bauchgefühl „Nein“, ist es am besten dieses „Nein“ auch sofort zu kommunizieren, bevor du innerlich in einen Konflikt gerätst.

„Übergehst du den ersten Impuls ‚Nein‘ zu sagen, wird es immer schwieriger, weil sich dann womöglich Ärger in dir aufbaut und du nicht mehr gelassen ‚Nein‘ sagen kannst.“

(www.no-right-no-wrong.com/)

Kannst du nicht mehr gelassen „Nein“ sagen, baut sich nicht nur bei dir innerlich Ärger auf. Der Andere spürt deine Ambivalenz und fühlt sich schnell verletzt, weil er dein zögerliches „Nein“ eventuell persönlich nimmt.

Doch Abgrenzung muss nicht immer „Nein“ bedeuten. Du kannst auch ein „Teil-Ja“ kommunizieren. Im Job passiert das im Grunde tagtäglich, wenn Termine exakt terminiert werden. Das kannst du auch im Privaten umsetzen: Bei der Frage um Mithilfe beim Flohmarkt, würdest du dann zum Beispiel im Vorfelde klären, dass du mittags von 12.00 bis 14.00 Uhr dabei sein könntest, danach jedoch keine Zeit mehr hättest. Oder fragt dich deine alte Mutter täglich, ob du etwas für sie einkaufen kannst, dann sage klipp und klar, dass du gerne ihre Einkäufe erledigst, sie solle alles notieren, du würdest dir dafür den Donnerstagnachmittag freihalten. Wer diese Art der sanften Abgrenzung nicht akzeptiert, der hat im Grunde auch kein „Ja“ verdient.

4. Nimm ein paar Atemzüge

Bevor du antwortest, nimm dir ein paar tiefe Atemzüge Zeit (siehe weiter oben „Herzenszeit“). Diese Zeit steht dir zu. Zur Not räumst du dir etwas Bedenkzeit ein, indem du zum Beispiel sagst, du müsstest erst deinen Terminkalender checken oder die Pläne deiner Familie abgleichen. Du kannst deine Antwort auch diplomatisch ausschmücken. Beispielsweise bei der Frage, ob du bei einem Umzug mithelfen könntest, beginnst du erst einmal von deinem letzten Umzugserlebnissen zu erzählen.

Die paar Atemzüge Bedenkzeit nutzt du, um folgende Fragen für dich zu klären:

  • Will ich das überhaupt?
  • Habe ich Zeit dazu?
  • Setzt mich das unter Druck?
  • Wie fühlt sich mein Bauch bei einem „Ja“ an (Bauchgefühl)?

Diese vier Faktoren – Wille, Zeit, Druck und Bauchgefühl – solltest du immer erst für dich abchecken, bevor du eine Antwort gibst.

Benötigt die fragende Person nun eine sofortige Antwort, dann ist es immer besser, wenn deine Standartantwort zuerst ein „Nein“ ist. Schließlich es ist wesentlich unkomplizierter, ein „Nein“ später in ein „Ja“ zu wandeln als anders herum.

5. Keine Entschuldigungen

Du brauchst dich nicht dafür zu entschuldigen, dass du gut für dich sorgst. Daher vermeide Sätze der Entschuldigung. Ein „Es tut mir leid“ dagegen zeigt dein Mitgefühl und das spürt die andere Person auch. Sobald du beginnst, dich zu entschuldigen, schwächst du deine Position und damit den Erfolg deiner Abgrenzung. Spüre einmal in den Unterschied folgender beiden Sätze hinein:

Frage: „Kannst du für mich mit dem Hund Gassi gehen?“

Antwort:

  1. „Bitte entschuldige, ich hätte das gerne für dich erledigt, aber ich habe keine Zeit.“
  2. Es tut mir leid, dass du das jetzt selbst erledigen musst. Ein anderes Mal mache ich das sehr gerne.“

Und spüre dann ein zweites Mal in die Antworten hinein, dieses Mal aus Sicht der Person, die gefragt hat. Merkst du einen Unterschied?

Halte dir bei immer vor Augen:

Du trägst nicht die Verantwortung für den anderen, sondern für dich selbst. Und an dieser Tatsache gibt es nichts zu entschuldigen.

6. Lass dich nicht von Schmeicheleien einfangen

Vorsicht vor Schmeicheleien, die ein Anliegen umwickeln wie hübsches Papier ein Geschenk. Hier ein paar Beispiele für typische Schmeichler-Sätze:

„Du kannst das immer so toll, könntest du nicht …“

„Du kennst dich da viel besser aus …“

„Bei dir geht das immer viel schneller als bei mir…“

Ich gestehe, auch mit fällt es nicht leicht, ein „Nein“ zu platzieren, wenn mir Honig um den Mund geschmiert wird. Das Fatale dabei ist jedoch, dass wir oft erst im Nachhinein merken, auf was wir uns dort eingelassen haben. Dem Ego gefällt diese Art des Hofierens. Und besonders Menschen, die ohnehin ein nicht sehr stabiles Selbstwertgefühl haben, lassen sich hier nur zu gerne blenden. Denn bereits die Tatsache, dass man beispielsweise dich und keinen anderen fragt, hebt deinen Selbstwert. Ein Anflug von Macht umweht dein Ego. Und wer liebt dieses Gefühl nicht? Doch der sonnige Platz im Licht der Anerkennung wird schnell überschattet, wenn du realisierst, welchen Preis dein „Ja“ mit sich bringt.

7. Teste deine Antwort mit „Warum“-Fragen

Wie beim Schälen einer Zwiebel kannst du deine Antwort testen, um auf den Kern zu stoßen, warum du beispielsweise mal wieder Ja gesagt hast obwohl du Nein fühlst. Dabei hinterfragst du deine Antwort immer wieder mit „Warum“-Fragen, bis du zum Wesentlichen gelangst.

Zum Beispiel:

Warum übernehme ich das zusätzliche Projekt im Job?“
Weil ich meinen Chef nicht enttäuschen will.“

Warum will ich meinen Chef nicht enttäuschen?“
Weil ich Angst vor einer Kündigung

Warum habe ich Angst vor einer Kündigung?“
Weil ich kein Vertrauen in meine Leistung habe.“

Warum habe ich kein Vertrauen in meine Leistung?“
Weil ich immer das Gefühl habe, nicht zu reichen.“

Warum habe ich immer das Gefühl, nicht zu reichen?“
Weil ich es bereits als Kind meinen Eltern nie recht machen konnte.“

Diese „Warum-Methode“ führt dich zu dem eigentlichen, dem wahren Grund deiner Antwort. Nicht selten entlarvst du dabei Glaubenssätze. Kannst du diese aufdecken, wirst du auch verstehen, warum du in vielen anderen Situationen Schwierigkeiten hast, dich erfolgreich abzugrenzen. Daher nutze diese Methode auch in anderen Situationen, zum Beispiel wenn es darum geht, Entscheidungen zu treffen oder die eigenen Ängste zu hunterfragen.

8. Mach dir keinen Kopf

Bevor du zu grübeln beginnst, was die andere Person denken mag, wenn du ihr ein Nein gibst – ob sie beispielsweise enttäuscht ist, ob sie dich für egoistisch, faul, unsensibel oder herzlos hält – wechsle die Positionen: Was denkst du über den anderen, der dir ein Nein präsentiert? Vielleicht fühlst du dich im ersten Moment ein wenig vor den Kopf gestoßen, doch im Endeffekt ändert sein Nein doch nichts an eurer Beziehung. Letztendlich stärkt Abgrenzung die Verbundenheit, weil ihr euch auf einer ehrlichen Ebene begegnet. So wie du dein Gegenüber für seine klare Positionierung schätzt, ebenso respektiert er deine klare Ansage.

Eine Menge Tipps und guter Ratschläge zum Thema Abgrenzung. Sei mutig und stehe für deine Belange ein. Stärke so dein Selbstwertgefühl, denn ein gutes Selbstwertgefühl hebt dich aus der Opferrolle heraus, in der wir uns viel zu oft gefühlsmäßig befinden. Füttere dich immer wieder mit dem Glauben, dass du so wie du bist, absolut liebenswert bist!

Die meisten Dinge, die wir für andere tun, dienen in Wirklichkeit uns selbst.

 

Weitere Informationen zur Achtsamkeit

Woche für Woche findest du in unserem Blog von Jutta Vogt-Tegen neue Artikel, die dir helfen sollen, Achtsamkeit im Alltag zu leben. Diese Artikel sind in Themengebiete eingeteilt und zu jedem Thema haben wir für dich noch viele Grundlegende Informationen zusammengetragen: