Bestimmt kennst du das Kürzel BFF. Es steht für „best friends forever“ und war bei jüngeren Mädels eine Zeit lang voll im Trend. Doch um beste Freunde für immer und ewig zu bleiben, bedarf es einer gesunden Abgrenzung. Eben nicht immer „Hanni & Nanni“ um jeden Preis. Respekt, Toleranz, Ehrlichkeit und Konfliktkompetenz gehören zu einer Freundschaft von Liebe getragen.
Freundschaft basiert auf gegenseitigem Respekt und der Akzeptanz der jeweiligen Grenzen.
Echte Freunde respektieren Grenzen
Es war ein Bestseller: Das Buch „Ein wenig Leben“ der New York-Times-Autorin Hanya Yanagihara. Und dieses Buch hatte mich in seinen Bann gezogen, so sehr, dass ich das Ende fürchtete. Ich wollte weiter an dieser Geschichte teilhaben. Einer Geschichte über die Freundschaft von vier Männern, wie sie erwachsen werden und wie auch ihre Freundschaft reift. Immer wieder ging es dabei auch um Abgrenzung und darum, diese Abgrenzung zu respektieren, ohne die Freundschaft zu gefährden.
Wenn man sich vor den Menschen versteckt, die einem am nächsten stehen, landet man in der Einbahnstraße der Einsamkeit.
Keine Ahnung, was über mich gekommen war, aber als ich neulich eine Freundin von mir traf, kamen wir auf das Thema Eltern zu sprechen, da ihre Eltern jetzt pflegebedürftiger werden. Und unachtsam erzählte ich ihr in ausführlichster Länge von dem Krankenverlauf meines Vaters, der zum Ende hin nichts mehr allein machen konnte, Rundum-Betreuung brauchte. Irgendwann merkte ich, wie sehr diese Schilderungen meine Freundin herunterzogen. Sie wurde immer stiller. Schließlich stoppte ich, entschuldigte mich und ging mit der Frage nachhause:
Hätte ich das überhaupt erzählen sollen? Hätte mir meine Freundin andererseits ehrlich gesagt, dass sie das runterziehe und sie all das lieber nicht so genau wissen wolle, wie wäre das für mich gewesen? Hätte ich ihre Abgrenzung respektieren können, ohne mich verletzt zu fühlen?
Abgrenzung bedeutet nicht, einen Riegel vor Mitgefühl und Liebe zu schieben.
Ehrlich sagen, was ist
Mir ist es auch passiert, dass eine Freundin mich überredet hat, bei mir zuhause gemeinsam Quittenmarmelade einzukochen. Das war eigentlich eine nette Idee von ihr, nur hatte ich dazu null Lust und bei uns zuhause mag niemand Quittenmarmelade. Meine Freundin hatte eine Kiste Quitten von ihrem Nachbarn geschenkt bekommen und beharrlich ignorierte sie meine Ausweichmanöver, von wegen, keine Zeit und nicht so mein Ding. Im Endeffekt sagte ich „Ja“. Und anschließend blieb ich selbst mit einem unguten Gefühl zurück, mit einem Gefühl von Verdruss, weil ich mich nicht abgegrenzt, nicht klipp und klar „Nein“ gesagt hatte.
Dabei darf man sich in einer Freundschaft von den Bedürfnissen des anderen durchaus abgrenzen. Nur wollte ich meiner Freundin nicht vor den Kopf stoßen. Was blieb war der Ärger darüber, dass sie doch hätte spüren müssen, dass ich diese ganze Aktion im Grunde nicht wollte. Meine fehlende Abgrenzung sorgte dafür, dass ich ihr sozusagen die Schuld daran gab, dass ich nicht in der Lage war, ehrlich zu sagen, was ich möchte und was nicht.
Ich schob es ihrer unsensiblen Beharrlichkeit in die Schuhe, dass ich nun wohl oder übel durch diese Geschichte durchmusste und gab damit meine Verantwortung ab. Dabei war allein ich dafür verantwortlich, dass wir wenige Tage später bei mir in der Küche diese Quitten-Arie vollbrachten. Denn Quitten einzukochen ist nicht ohne.
Aufgrund fehlender Abgrenzung machen wir oft andere für Situationen verantwortlich, die wir selbst zu verantworten zu haben.
Abgrenzung bedarf achtsamer Wahrnehmung
Je achtsamer du deine eigenen Gefühle wahrnimmst, desto leichter wird es dir auch fallen, dich abzugrenzen. In der Achtsamkeit spürst du sehr klar, warum du etwas sagst oder tust. Verhaltensweisen anderer Menschen können schnell bei uns Glaubenssätze oder Konditionierungen triggern. Wenn du dazu neigst, es jedem rechtmachen zu wollen, fällt es besonders schwer, „Nein“ zu sagen. In der Achtsamkeit erkennst du, ob du hier ein Verhaltensmuster „bedienst“ und deine wahren Gefühle übergehst.
Es ist übrigens spannend, den Gefühlen auf achtsame Art und Weise auf den Grund zu gehen. Zurück zu dem Beispiel mit den Quitten: Ich trug die kommenden Tage auch deshalb schlechte Gefühle der Freundin gegenüber mit mir herum, weil ich erkennen musste, dass ich es ihr fast ein wenig neidete, dass sie derart zielstrebig ihre Bedürfnisse eigefordert hatte. Ich schaffe das selten.
Erst fand ich sie deshalb sehr penetrant und unsensibel, später jedoch musste ich darüber lächeln. Ist doch prima, wenn jemand sich selbstbewusst und ruhig ein wenig „hartnäckig“ für seine Wünsche einsetzt. Mein Manko in diesem Punkt verschaffte mir Grimmigkeit und Missmut.
Wer vertraut, grenzt sich besser ab
Und da ist sie wieder, die Sache mit dem Selbstwertgefühl. Je wackeliger dein Selbstwertgefühl ist, desto schwerer fällt es dir, dich abzugrenzen. Man will den anderen ja nicht verlieren, nicht verärgern und weiterhin in dessen Augen gut dastehen. Doch Freundschaft und Miteinander findet auf Augenhöhe statt.
Überlege einmal, warum dich deine Freunde mögen, was sie an dir wertschätzen? Bestimmt mögen sie dich nicht deswegen, weil du immer zu allem „Ja“ sagst. Sie wertschätzen dich nämlich auch deswegen, weil du eine eigene Meinung hast, ihnen in manchen Situationen mit deiner offenen und ehrlichen Kritik andere Sichtweisen eröffnest und ein eigener Charakter mit Ecken und Kanten bist. Du bist ein liebenswerter Mensch mit Stärken und Schwächen.
Deine Schwächen spiegeln nicht selten ihre Schwächen. Und die Grenzen deiner Freunde akzeptierst du, ohne deine Freunde deshalb weniger wertzuschätzen. Manchmal wünschtest du dir vielleicht lieber ein „Ja“ statt ein „Nein“, doch das „Nein“ akzeptierst du, weil du um den Wert der anderen Person und der Freundschaft weißt. Denn Freundschaft beruht auf Vertrauen und Liebe und auf der Akzeptanz der jeweiligen Grenzen.
Abgrenzung stärkt dein Selbstwertgefühl und umgekehrt hilft ein gutes Selbstwertgefühl, dich erfolgreich abzugrenzen.
- Spüre ich in einer Freundschaft Unmut, traue ich mich, ganz offen darüber zu sprechen.
- Ich werde mich mutiger abgrenzen und die Angst, damit vielleicht weniger gemocht zu werden, liebevoll annehmen.
- Ich werde zukünftig genau schauen, in welchen Konstellationen mir Abgrenzung besonders schwerfällt, um hier zukünftig mehr zu wagen.
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