Die Ferienzeit startet und vielleicht steht ein Urlaub an. Der soll schön werden, harmonisch, sorglos. Doch oft kommt es anders: Das Feriendomizil ist nicht wie erwartet, dem einen ist es zu heiß, dem anderen zu langweilig und Enttäuschung überschattet die Urlaubsfreude. Indem du dich von deinen Erwartungen abgrenzt, bist du entspannter, nimmst die Dinge, wie sie kommen, ohne Stress.
Deine Gedanken bestimmen deine Erwartungen
Abgrenzung vor den eigenen Erwartungen, dass hört sich schwierig an. Denn im Grunde haben wir, ohne bewusst nachzudenken, sofort irgendwelche Erwartungen an Situationen oder an Menschen.
Wie oft enttäuschen dich deine Erwartungen, die nichts weiter sind als Fantasiegebilde deines Geistes.
Wir zum Beispiel werden mit den Kindern, mittlerweile 17 und 18 Jahre alt, in die Toscana reisen. Da waren wir schon oft zusammen und ich weiß, dass meiner Tochter dort schnell langweilig wird, dass beide Kinder sich viel streiten werden, weil sie sich ein Zimmer teilen müssen, und dass es bei jedem Ausflug anfangs Genöle geben wird. Insofern ist meine Freude gedämpft. Ich sehe all das bereits vor mir. Doch es kann dieses Jahr auch anders laufen, oder nicht?
Unsere Erfahrungen, Glaubenssätze und Konditionierungen bedingen unsere Erwartungen. Um zu sehen, was wirklich ist, müssen wir uns dessen bewusstwerden.
Abgrenzung vor Anhaftungen schützt vor Enttäuschungen
Neulich hatte sich unter Kollegen ein sehr interessantes Gespräch über Enttäuschungen entfacht. Wir diskutierten, inwieweit Enttäuschung auch immer etwas mit Anhaftung zu tun hätte. Wenn ich an etwas anhafte, also festhalte, kann ich nicht loslassen. Wenn ich enttäuscht bin, dann hatte ich eine falsche Erwartung an eine Situation beziehungsweise an eine Person. Ich habe nicht klar gesehen und in meinen Gedanken eine Erwartung aufgestellt, die im Endeffekt nicht erfüllt wurde, so dass ich später realisieren muss: Ich habe mich getäuscht – ich bin enttäuscht, weil ich an einem Gedanken anhaftete, der mich nicht klar sehen ließ. Es geht also darum, solche Gedanken zu erkennen. Es geht um Abgrenzung von Gedanken, die zu Enttäuschungen führen werden.
Halten wir an einem Gedanken fest (Anhaftung) – bewusst oder unbewusst – berauben wir uns der Freiheit des unbelasteten und wahren Erlebens.
Checke einmal selbst, inwieweit du in Bezug auf Menschen immer wieder irgendwelche Erwartungen hegst? Ich habe beispielsweise immer die Erwartung, dass mein Mann mich in Situationen, in denen es mir schlecht geht, emotional auffängt. Doch er ist der lösungsorientierte Typ. Statt mich zu trösten, sucht er sofort nach Wegen, damit es mir besser geht. Dann bin ich enttäuscht. Ich will doch nur Mitgefühl. Grenze ich mich von meiner Erwartung an ihn ab, kann ich freier und unverfälschter das annehmen, was mein Mann mir in diesen Situationen bietet: Hilfe. Vor allem kann ich dann auch erkennen, dass dieses seine Art ist, mir liebevoll beizustehen.
Je höher deine Ansprüche an dich selbst sind, desto höher sind diese auch den anderen Menschen gegenüber. Abgrenzung von deinen eigenen hohen Ansprüchen dagegen entspannt nicht nur dein Leben, sondern ebenso das Miteinander.
Dein innerer Beobachter erkennt, wo Abgrenzung nottut und wo nicht.
Um dich erfolgreich vor falschen Erwartungen abgrenzen zu können, musst du also wieder einmal achtsam auf deine Gedanken schauen. In der Hektik des Alltags geht das oft verloren. Dagegen klappt das beispielsweise sehr gut in den Momenten, wo du dir eine kleine Auszeit nimmst, beispielsweise innehältst, dich für ein, zwei Minuten über den Atem mit deinem Körper verbindest und achtsam spürst, wie du dich gerade fühlst und welche Gedanken dich begleiten. Körperlich verbindest du dich so mit dem jeweiligen Moment. Dadurch ruhst du auch geistig im Jetzt und erkennst, dass das tatsächlich alles ist, was zählt. In diesen Pausen der achtsamen Wahrnehmung spürst du, wie wenig du die Zukunft beeinflussen kannst, jedoch das Hier und Jetzt in deiner Hand liegt. Je öfter du dir diese Mini-Auszeiten gönnst, desto erfolgreicher wirst du dich vor „falschen“ Erwartungen abgrenzen können.
„Wir beschreiben Achtsamkeit…..auch als das Erwachen des „Inneren Beobachters“. Die Achtsamkeitspraxis zielt aus dieser Perspektive darauf ab, einen inneren Beobachter zu kultivieren, der sich sogar seiner selbst bewusst ist.“
Weiss, M.E. Harrer, T. Dietz, „Das Achtsamkeits-Übungsbuch“
Sobald du dir deiner Gedanken bewusstwirst, kannst du achtsam entscheiden, inwieweit du es zulassen willst, dass deine Gedanken dir dein Erleben vermiesen.
Erst durch achtsames Erkennen kannst du dich erfolgreich abgrenzen
„Entscheidend ist der Perspektivenwechsel: nicht mehr von den Fluten mitgerissen zu werden, sondern aus der Stille heraus das Vorbeifließen zu beobachten, vielleicht die Zehen oder einen Finger einzutauchen, um die Temperatur und die Strömung zu spüren.“
Aus „Das Achtsamkeits-Übungsbuch“
Stimmt doch auch: Dieses und jenes achtsam zu erkennen, heißt noch lange nicht, dass man sich sofort davon lösen kann. In Bezug auf unseren nahenden Urlaub bedeutet das, ich sollte mich von meiner Erwartung, dass es „stressig“ wird, abgrenzen, indem ich diese Gedanken wahrnehme und mir anschaue. Ich aktiviere so meinen inneren Beobachter:
Das innere Beobachten schafft Abstand zu den Gefühlen und Stimmungen und erleichtert ein genaueres Hinsehen und Erkennen. Es ermöglicht eine bewusste Entscheidung.
Erkenne ich jetzt durch achtsames Wahrnehmen, wie die Urlaubserfahrungen der letzten Jahre meine derzeitigen Gedanken prägen, bin ich deswegen nicht gleich voller Urlaubsfreude. Doch ich bekomme Abstand, kann mich abgrenzen und „Nein“ zu diesen Gedanken sagen. Ich distanziere mich bewusst und spüre achtsam, ob sich dadurch etwas ändert.
„Es wird nur dann Ruhe einkehren, wenn wir nicht mehr gegen das ankämpfen, was unvermeidlich ist.“
Aus „Das Achtsamkeits-Übungsbuch“
Natürlich werden die Kinder im Urlaub streiten, natürlich werden sie dieses und jenes zum Sterben langweilig finden und ein Ausflug ohne Genöle wäre ein Wunder. Doch das ist unvermeidlich. Jetzt jedoch kann ich mich abgrenzen von all diesen destruktiven Befürchtungen, die rein gar nichts bringen und mir nur die Vorfreude rauben. Und ebenso achtsam werde ich im Urlaub darauf achten, dass ich mich von diesen „Begleiterscheinungen“ eines Familienurlaubes abgrenze und nicht weiter dagegen ankämpfe, sondern es nehme, wie es kommt, es liebevoll akzeptiere. Damit räume ich quasi alle Erwartungen aus dem Weg und kann nur noch freudig überrascht werden.
- Ich schraube meine Messlatte herunter und grenze mich von meinen eigenen hohen Erwartungen ab.
- Fühle ich mich enttäuscht, schaue ich achtsam, wo ich nicht klar gesehen und mich selbst in meinen Erwartungen getäuscht habe.
- Erkenne ich in der Achtsamkeit Gedanken, die unweigerlich zu einer Enttäuschung führen werden, versuche ich diese liebevoll zu akzeptieren, um mich damit von ihnen abzugrenzen..
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