Dankbarkeit durch mehr Wertschätzung

Dankbarkeit und Achtsamkeit lehren uns, den jeweiligen Augenblick zu schätzen und uns bewusst daran zu erfreuen. Doch die Tage verfliegen. Wochen, Monate, Jahre, alles vergeht so schnell und oft bleibt die Frage: Haben wir all das wirklich genossen? Haben wir die Schönheit der vielen Momente bewusst wahrgenommen? Waren wir Dankbar?

Je bewusster wir uns der Unwiederholbarkeit eines jeden Moments sind, desto kostbarer und wertschätzender erleben wir unseren Alltag.

Dankbarkeit hält die Zeit an

Ich erinnere noch gut einen Moment mit meinem Vater, der nun schon seit zwei Jahren verstorben ist. Er war bereits sehr krank und saß in seinem Sessel. Wegen der Parkinson-Erkrankung konnte er nichts mehr allein machen. Ich kniete vor ihm und half ihm, sein Abendbrot zu essen. Und dann hielt ich inne, streichelte seine Wange, sagte ihm, wie lieb ich ihn hätte, und er lächelte mich an. Ein besonderer Moment. Nur ein paar Sekunden, so flüchtig, und doch war es wie eine kleine Ewigkeit. Ich spürte Dankbarkeit für diesen Moment, in dem die Zeit für uns zwei kurz stillstand, nicht zählte, als sei dieser Moment aus der Zeit herausgelöst.

Tatsächlich erleben wir einen Moment, den wir bewusst und in Dankbarkeit wahrnehmen so, als würde für diesen Moment die Zeit sich verlangsamen beziehungsweise nicht von Bedeutung sein. Weil es ein erfüllter Moment ist, weil er unser Innerstes berührt und die Flüchtigkeit unterbricht, mit der sich ein Moment an den nächsten reiht.

In der Dankbarkeit erleben wir, dass sich die Flüchtigkeit eines Moments auflöst, weil wir in den Moment eintauchen und unser Herz berühren lassen.

Jeder Moment ist einmalig

Wir leben in einem Zeitalter der Schnelllebigkeit, der Zerstreuung und des Multitasking. Das bewusste Erleben dessen, was gerade geschieht, scheint uns immer schwerer zu fallen, ohne, dass es uns auffällt. Denn wir sind es mittlerweile gewohnt, gedanklich vorauszueilen beziehungsweise hin- und herzuspringen. Dabei ist bewusste Gegenwärtigkeit wichtig, um die Kostbarkeit des Moments, der uns zu Lebzeiten zur Verfügung gestellten Zeit, wertzuschätzen. Achtsame Gegenwärtigkeit lässt uns in die Zeit eintauchen, öffnet unser Herz und nährt unsere Liebe zum Leben. Und erst dann fühlen wir erfüllende Dankbarkeit für scheinbar belanglose Begebenheiten und Augenblicke, die jedoch dazu beitragen, das Geschenk des Lebens zu erkennen.

Bei der japanischen Lebenskunst des „Ichigo-ichie“ geht es darum, im Moment zu leben. Diese Lebensphilosophie beschreibt die Unwiederholbarkeit eines Augenblicks. Kein Moment im Leben kann wiederholt werden, deswegen geht es darum, jeden Moment des Lebens wertzuschätzen. Jeder Moment ist ein einmaliges Erleben. Übersetzt wird dieser Begriff mit „eine Zeit, ein Treffen“. Jegliche Begegnung findet nur einmal statt.

Ichigo-ichie

Also wird sich keine Begegnung, kein Erlebnis, je wiederholen. Und damit ist „Ichigo-ichie“ eine Aufforderung dazu, uns zu besinnen und die Momente des Tages bewusster wahrzunehmen. Denn lassen wir die vielen Momente achtlos verstreichen, wird die Gelegenheit des jeweiligen Moments für immer verloren sein.

Jeder Augenblick des Lebens ist unwiederholbar. Je bewusster uns dieses wird, desto dankbarer erkennen wir den Wert simpler Momente im Alltäglichen.

Ich verstehe „Ichigo-ichie“ somit auch als Übung in Dankbarkeit. Je bewusster uns der Wert unseres Lebens wird, indem wir die vielen Begegnungen und Momente achtsamer wahrnehmen, desto dankbarer werden wir für Kleinigkeiten, die dadurch plötzlich viel größer und bedeutsamer erscheinen. Manchmal hadere ich auch mit dem Leben, weil es mir gerade mal wieder viel abverlangt. Doch dann denke ich mir, ich habe nur dieses eine Leben, also ist es verdammt nochmal meine eigne Verantwortung, das Beste daraus zu machen. Meine Verabredung mit dem Leben findet genau jetzt statt. Und das „Jetzt“ verdient daher meine volle Aufmerksamkeit.

Der Funken der Freude

Beim „Ichigo-ichie“ geht es auch darum, eine Gelegenheit beim Schopfe zu packen, sobald sie sich bietet, denn diese eine Situation wird es so nicht ein zweites Mal geben. Und dazu gilt es eben, die Einzigartigkeit des Moments wahrzunehmen. Das kann beispielsweise eine Begegnung mit einem Menschen sein. Zum Beispiel der Handwerker, der morgens klingelt, um etwas in deiner Wohnung zu reparieren. Statt ungeduldig auf die Uhr zu schauen, nimm dir die Zeit und rede mit ihm.

Er nimmt sich ohnehin für die Reparatur die Zeit, die es nun mal braucht. Lässt du dich auf ein Gespräch ein und schenkst diesem Gespräch deine volle Aufmerksamkeit, bietet sich hier die Chance, dass du fröhlicher und beschwingter in deinen Tag startest, weil das geteilte Miteinander ein wertvoller Moment der Nähe ist. Oder das Treffen mit einer Freundin. Bist du dir bewusst, wie wertvoll diese gemeinsame Zeit ist, wirst du sie entsprechend bewusster genießen und am Ende Dankbarkeit dafür spüren. Denn dieses Treffen kommt genauso nicht wieder, auch wenn ihr euch regelmäßig verabredet. Jedes Miteinander ist anders.

Die Einzigartigkeit eines Moments zu erkennen und als Chance zu nutzen, das bezieht sich auch auf kleine Begebenheiten. Zum Beispiel gehst du im Park an einem Strauch blühender Pfingstrosen vorbei. Nimmst du dir einen Moment Zeit, um die Schönheit der Blüten zu betrachten und dich daran zu erfreuen, wird dich dieser Moment für den Rest des Tages begleiten, denn die Freude über diesen einen Moment verändert deine Stimmung positiv. In diesem Moment der bewussten Wahrnehmung bietet sich also die Chance, dass sich dir dein Tag plötzlich freundlicher und heller zeigt.

In der bewussten Wahrnehmung der Einzigartigkeit eines Moments entzünden wir den Funken der Freude, der unser Herz mit Dankbarkeit erwärmt.

Dankbar für das, was ist

Bewusster wahrnehmen und sich einlassen auf den Moment – Vielleicht ist das auch eine gute Übung, um der Schnelllebigkeit und Zerstreuung unserer Zeit etwas entgegenzusetzen. Niemand von uns weiß, wie lang seine Lebensspanne ist. Und gerade deshalb lohnt es sich doch, diese Spanne bewusster und dadurch intensiver zu erleben. Was morgen ist, weiß heute keiner. Aber was jetzt ist, das können wir beeinflussen, indem wir das „Jetzt“ bewusster erleben. Spüren wir dann am Ende jeden Tages für die vielen Momente der Freude Dankbarkeit, fühlt sich das Leben auch gleich erfüllter und reicher an.

  • Ich nehme mir vor, den Moment mehr wertzuschätzen, indem ich mich mehr drauf einlasse und bewusster wahrnehme.
  • Spüre ich, wie gehetzt und zerstreut ich durch den Tag gehe, halte ich inne, zentriere mich über den Atem und nehme bewusst wahr, was gerade ist.
  • Im Zusammensein mit anderen lasse ich mich bewusster ein, indem ich konzentrierter zuhöre und die Freude des Miteinanders wertschätze.
Über Achtsamkeit im allgemeinen, was das ist und wie es dir hilft, kannst du hier weiterlesen Worum es speziell beim Thema "Dankbarkeit" geht, findest du hier ...

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