Geht es darum, zu erfahren, was alles in uns schlummert, sollten wir uns von unserem Ego abgrenzen. Denn das bestärkt in uns unserem altbekannten Selbstbild, indem viele Fremdelemente enthalten sind. Abgrenzung vor uns selbst? Sagen wir achtsame und kritische Hinterfragung unseres Egos.
Abgrenzung von der eigenen Bewertung ist wichtig, um zu erkennen, inwieweit wir uns selbst nach fremden Vorstellungen beurteilen.
Abgrenzung von innerlichen Bewertungen
Sommergefühle tun so herrlich gut. Die Menschen kriegen Lust, sich zu verlieben. Welch berauschender Zustand, denn der Blick der Liebe poliert das Ego. In der Regel fällt unser Selbstbild selten rosig und sonnig aus. Wir blicken zuerst auf unsere Defizite, statt uns mit dem Blick der Liebe zu beschenken. Wir halten uns zum Beispiel für zu durchschnittlich oder für zu wenig liebenswert und finden uns damit ab, denn unser Ego füttert uns seit Jahren mit diesen Glaubenssätzen.
Der Blick des Liebenden jedoch sieht das komplett anders. Würden wir uns nämlich mit einem liebenden Blick betrachten, sähen wir die vielen Potentiale, die in uns schlummern, und all unsere positiven Eigenschaften. Als das ruht wie unter einer Staubschicht von übernommenen Glaubenssätzen, die uns andere eingetrichtert haben. Wie kann es sein, dass Fremdbild und Selbstbild derart auseinander liegen?
Fremdbild und Selbstbild sind das Resultat persönlicher Wahrnehmungen und Bewertungen, beruhend auf Erfahrungen.
Um den Unterschied zwischen Selbstbild und Fremdbild zu erklären, hilft vielleicht folgendes Bild: Eine kleine Katze mit seidig glänzendem Fell und rosa Pfötchen sitzt vor dem Spiegel und erblickt dort eine struppige Straßenkatze, das stumpfe Fell voller Kletten. Während die Umwelt das süße Kätzchen wahrnimmt (Fremdbild), ist das Selbstbild ein ganz anderes.
Wir scheinen eine Grundüberzeugung von uns selbst zu haben, wie und wer wir sind. Und dieses Selbstbild sitzt uns wie eine Brille auf der Nase, sprich es färbt alles, was wir im Leben erfahren, unsere gesamte Wahrnehmung. Beispielsweise erzählte mir neulich eine Freundin, dass sie auf einer Veranstaltung einen Vortrag über ihren Werdegang halten soll. Nur sei sie deswegen schon seit Wochen in heller Aufregung, denn sie sei doch viel zu schüchtern dafür, vor anderen Menschen zu sprechen, das könne sie nicht, und was hätte sie schon Großartiges zu erzählen.
Dabei hat sie viel erlebt und hat ein großartiges Gespür für Menschen. Doch meine Freundin ist der Meinung, dass sie nichts zu sagen hätte. Tief verwurzelt dieser Glaubenssatz, sie würde nicht reichen. Und ihr Ego flüstert ihr diesen Satz immer wieder zu, damit sie ja nicht wagen würde, gegen diesen Satz zu rebellieren, denn das würde für das Ego bedeuten, dass es in Gefahr wäre. Denn unser Ego setzt sich aus all solchen fiesen Glaubenssätzen zusammen und hält uns damit im Zaun.
Unser Ego ist die Brille auf unserer Nase, durch die wir die Welt sehen.
Abgrenzung von diesen tiefsitzenden Überzeugungen über uns selbst ist daher dringend notwendig, um frei und freudvoll das Leben zu genießen und sich ebenso frei und freudvoll zu zeigen.
Abgrenzung vom Ego hat viel mit Achtsamkeit zu tun
Passen wir nicht auf, bestimmt unser Ego unsere Entwicklung und nicht wir selbst.
Informationen, die nicht mit unserem Selbstbild übereinstimmen, nehmen wir meist gar nicht richtig wahr. Gerade erst sagte mir eine Bekannte, dass sie es genießen würde, mit einer intelligenten Frau wie mir zu quatschen. Doch schon kam ich mir wie eine Hochstaplerin vor, denn von klein auf an habe ich mitbekommen, dass mein Bruder der intelligentere von uns, ich eher Durchschnitt sei. Diese Signale, die man im Laufe der Kindheit aufgenommen hat, haben sich im Laufe der Jahre zu unserem Selbstbild verfestigt.
Daraus hat sich ein festgefahrenes Ego gebildet. Deswegen flüsterte mir mein Ego in dieser Situation sofort zu, die Bekannte sei viel intelligenter, schließlich hat sie ein akademisches Studium vorzuweisen und ich nicht. Erkennen wir in solchen Situationen jedoch achtsam unsere Gedanken, können wir uns abgrenzen von den Stimmen unseres Egos. Und dann erkennen wir auch, dass unsere Selbsteinschätzung meist Richtung Selbstunterschätzung geht. Wollen wir unser wahres Selbst leben, sollten wir den Reaktionen unseres Umfeldes etwas mehr Glauben schenken. Jedenfalls den Menschen, von denen wir wissen, dass sie es ehrlich mit uns meinen.
„Das Große ist nicht dies oder das zu sein, sondern man selbst zu sein.“
Sören Kierkegaard
Abgrenzung vor falschen Vorstellungen
Statt uns weiterhin selbst zu sabotieren, sollten wir achtsam schauen, welche verinnerlichten Vorstellungen aus der Vergangenheit (Erlebnisse aus der Kindheit, Jugend etc.) noch immer in uns präsent sind. Tiefenpsychologisch spricht man hier auch von „Selbstrepräsentanz“. Diese Muster und Überzeugungen sind es nämlich, die uns daran hindern, von uns selbst begeistert zu sein und an uns zu glauben. Der Neurobiologe und erfolgreiche Autor Gerald Hüther sagte in einem Interview:
„Der größte Wert, den wir durch tägliches Gedankentraining für unser Leben beisteuern können, besteht darin, mehr wir selbst zu sein.“
Gerald Hüther
Wir haben nur uns selbst, also sollten wir liebevoller mit uns umgehen, und uns gedanklich „heben“, statt kleinzumachen. Und uns täglich selbst mit Liebe beschenken.
Ich finde, das ist auf jeden Fall einen Versuch wert: Beginne ab heute damit, anders über dich zu denken. Statt den Blick auf Makel zu richten, betrachte dich als leuchtende Persönlichkeit. Aus neurobiologischer Sicht übrigens absolut sinnvoll, denn bei jedem neuen Gedanken verschalten sich Neuronen im Gehirn, es bilden sich neue Nervenstraßen und je öfter wir diese Gedanken wiederholen, desto tiefer und breiter verfestigen sich diese Straßen.
Diese Haltung ist quasi eine Kampfansage an dein Ego. Eine Aufforderung dazu, dich von deinem Ego kritisch abzugrenzen.
- Täglich nehme ich mir gleich morgens vor: Heute bin ich von mir gegeistert. Mit dieser Haltung bestreite ich meinen Tag.
- Komplimente und Lob nehme ich dankend an, OHNE sie klein zu reden oder auf irgendeine abwertende Art zu kommentieren.
- Welche Glaubenssätze untermauern mein Ego? Ich schreibe davon einige auf, überlege, woher sie stammen, und grenze mich bewusst von ihnen ab.
Folge dem Blog – Jede Woche neue Impulse
Bleib am Ball mit der wöchentlichen "Das tut mir gut"-E-Mail:
Freitags gibt es eine E‐Mail mit den aktuellen Blog-Beiträgen der Woche. Nimm Dir die Zeit zum Lesen, um Dein Leben bewusster zu gestalten und Dich selbst entsprechend wertzuschätzen.