Jeder liebt sich selbst am meisten – sagt man so. Wenn es hart auf hart kommt, sei jeder sich selbst der nächste, oder etwa nicht? Die Familie erfüllt einen mit tiefer Dankbarkeit, ebenso das schöne Leben, das man führt. Es geht uns im großen Ganzen gut. Dafür sind wir dankbar. Und warum nicht für uns selbst, wenn wir uns selbst so nahe stehen? Wie sieht es da mit Dankbarkeit aus?
Sei dankbar, denn so wie du bist, bist du genug!
Anfang der Woche rief mich eine Freundin an und schlug mir einen Wellnees-Tag in einem Fitnessstudio vor. Sie hatte einen Gutschein für eine Begleitperson, den wollte sie mir nun schenken. Lieb, dass sie an mich gedacht hatte. Imgrunde hätte ich mich freuen sollen. Ja, ich hätte dankbar sein sollen, dass ich es ihr wert war, mich einzuladen. Außerdem gönne ich mir so etwas nie. Und ich hatte den Tag auch noch frei. Eigentlich. Denn da waren noch jede Menge Verpflichtungen, wie Aufräumen, Einkaufen, Kochen und Joggen. Ist das nicht verrückt? Denn all diese vermeintlichen „Verpflichtungen“ waren komplett unwichtig und selbstgemacht.
„Heute mache ich nur, was mir Spaß und Freude bereitet, was ich liebe und was mein Herz zum Lachen bringt, auf meine eigene Art und Weise und in meinem Tempo. Heute weiß ich, das nennt man Ehrlichkeit.“
Aus einem Gedicht von Charles Spencer Chaplin
Ich sagte meiner Freundin, ich hätte keine Zeit. Und tatsächlich konnte ich mir diese freie Zeit nicht gönnen. Denn ohne aufgeräumt, die Einkäufe erledigt für alle gekocht und auch noch die Joggingrunde gedreht zu haben, bin ich nicht liebenswert genug. Aus Mangel an Eigenliebe beraube ich mich nicht nur meiner wertvollen Zeit, sondern ich gehe auch schlecht mit mir um und belüge mich selbst. Dankbar das Gute, was einem geboten wird, anzunehmen und wertzuschätzen. Warum fällt das so schwer? Es hört sich selbstverständlich an und ist es eben doch nicht.
Gesunden Egoismus muss man lernen, denn er bedeutet Selbstliebe.
In der Verbindung mit deinem Herzen spürst du Dankbarkeit
Natürlich bereute ich meine Absage und entschied mich später dazu, dass ich mir zukünftig nicht alles von mir selbst gefallen lassen muss. Deswegen zwang ich mich am nächsten Tag zu einem Ausflug an die Alster. Ich liebe es, wenn dort die Blüten der japanischen Kirschbäume sich allmählich entfalten. Und wenn ich auch wenig lustvoll dorthin gefahren war, so änderte sich meine Laune schlagartig, als ich diese bezaubernde roséfarbene Pracht erblickte. Ich ging am Wasser spazieren und setze mich dann eine Weile auf eine Bank. Und dort spürte ich richtig, wie sich mein Herz öffnete. Ich genoss die Natur und fühlte mich verbunden.
In der Dankbarkeit erkennst du, dass alle Hürden des Lebens kleine Kieselsteine auf deinem Weg des Wachstums sind.
Nach knapp drei Stunden fuhr ich wie beseelt nachhause. Mein Herz war voller Dankbarkeit für das Erlebte. Und nie im Leben hätte ich jetzt noch etwas aufräumen, oder putzen oder was auch immer machen müssen, um liebenswert zu sein. Nein, ich reichte mir vollkomme, so wie ich war.
Als ich mich wirklich selbst zu lieben begann, erkannte ich, dass emotionaler Schmerz und Leid nur Warnungen für mich sind, gegen meine eigene Wahrheit zu leben.
Charles Spencer Chaplin
Vielleicht sollten wir öfter dem Herzen lauschen, dort verborgen ruht unsere Herzensweisheit, die weiß, was uns guttut. Dort auf der Alsterufer fielen die Vorstellungen und Verpflichtungen von mir ab. Ich war präsent und eins mit mir. Ein Moment der Selbstliebe, ein Moment tiefer Dankbarkeit.
„Wird der Geist auch in tausend Richtungen wandern, so wird er doch keinen wahrhaftig geliebten Menschen finden außer uns selbst.“
Aus: „Nimm das Leben ganz in deine Arme“, Thich Nhat Hanh
Rituale der Dankbarkeit stärken die Eigenliebe
Seit diesem Erlebnis habe ich wieder begonnen, ein wunderbares Ritual der Dankbarkeit zu praktizieren: Ich verneige mich vor mir selbst. Dafür setze ich mich mit gekreuzten Beinen auf meine Yogamatte (Du kannst dich auch hinknien.), strecke mich mit ausgestreckten Armen nach vorne und lege meine Stirn auf dem Boden ab. Ich verneige mich vor der Fülle und der Schönheit des Lebens und vor mir selbst und bin dankbar, zum Beispiel für den schönen Nachmittag an der Alster oder für die liebe Freundin, die mich einladen wollte.
Diese Geste kommt aus dem Yoga. Dort drückt man damit seine Dankbarkeit dafür aus, dass man die Yogaübungen überhaupt machen kann. Doch ob nun Yoga oder nicht, diese Geste ist wirkungsvoll: Je öfter ich mich vor mir selbst und dem Leben verneige, desto mehr stelle ich fest: Hallo, das macht ja wirklich etwas mit mir. Ich fühle Dankbarkeit: für meinen Körper, für mein eigenes Mitgefühl, für mein wunderbares Leben und dafür, dass es mir so gut geht. Ich spüre Selbstliebe!
„Derjenige, der sich verbeugt, und der, vor dem man sich verbeugt, sind ein und derselbe. Wenn ich das erkenne, entsteht ein wundervolles Gefühl des Verbundenseins.“
Thich Nhat Hanh
So beschreibt der Mönch Thich Nhat Hanh diese Geste der Dankbarkeit. Wenn wir eine Blume genau betrachten würden, sähen wir nicht nur die Blume in ihr, sondern auch die Wolken, die Sonne, die Samen und die Nährstoffe des Bodens. So würden wir erkennen, dass die Blume kein getrenntes Selbst sei. Und ebenso wie die Blume sind auch wir kein getrenntes Selbst, das ganze Leben ist in uns enthalten. Was für ein Geschenk! Ehrfürchtig sollten wir daher auch uns selbst mit Dankbarkeit begegnen und mit entsprechend liebevollen Augen betrachten.
Dankbarkeit lässt die Forderungen des Alltags in einem anderen Licht erscheinen.
Je achtsamer du bei dir und deinen Körpersignalen bleibst, desto selbstverständlicher wirst du ein Gefühl der Erdung erlangen. Die vollkommene Gegenwärtigkeit relativiert jegliches Geschehen. Ich bin noch am Üben in Sachen Achtsamkeit, doch folgenden Satz sage ich mir jetzt immer auf, wenn ich beispielsweise in Stille sitze und bewusst wahrnehme: Ich bin okay und alles ist gut. Ich kann es schwer beschreiben, was sich da genau tut, aber ich fühle eine Erdverbundenheit, eine Art unzerstörbare Sicherheit. Ich spüre Dankbarkeit für den Moment. Eine Art Dankbarkeit des Seins. Probiere es auch aus, gehe für ein paar Minuten in die Stille, schließe dabei die Augen, sage dir diesen Satz in Gedanken und spüre in dich hinein.
Innere Hürden und äußere Probleme in Dankbarkeit annehmen und sie als das sehen, was sie sind: Chancen des Wachstums.
Wenn ich das schaffe, dann bin ich gut. Aber mein Weg ist noch lang, das hat mir dieses ganze Spektakel von wegen Wellness und so gezeigt. Aber wie gesagt: Ich nehme das Gewesene in Dankbarkeit an und wachse und wachse und wachse …
- Täglich verneige ich mich vor dem Schlafengehen vor mir selbst und bin dankbar für das, was am Tage gut war.
- Morgens betrachte ich mich im Spiegel, atme tief ein und aus und sage mir: Ich liebe mich. (Egal, wie verknittert und faltig ich auch aussehen mag.)
- Ich nehme meine Marotten dankbar an, belächle sie und betrachte sie als Kieselsteine auf dem Weg meines Wachstums.
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