Ist doch ganz einfach: Nimmst du dich selbst an, wie du bist, schickst deinen Perfektionismus vor die Tür und verbannst die kritischen Stimmen in die hinterste Ecke, so lebst du entspannter und baust jede Menge Stress ab. Leider ist das schnell daher geschrieben, nur bedarf es in der Umsetzung viel Achtsamkeit und aufmerksame Gedankenpflege. Doch erst einmal damit begonnen, wirst du feststellen, dass es sich lohnt, weil es vieles positiv verändert.
Achtsames Erkennen destruktiver Gedanken ist der erste Schritt, um Stress abzubauen.
Gedanken putzen, um Stress abzubauen
Obwohl die Kinder auf dem Sprung in ihr eigenes Leben sind, habe ich an manchen Tagen das Gefühl, sie hätten noch immer nur bunte Knete im Kopf. Endlose Diskussionen und am Ende alles wie durchgewalkt. Ich fühle mich zu alt dafür, habe keine Lust mehr darauf. Mich stresst das. Manchmal stehen mein Mann und ich abends beim Zähneputzen nebeneinander im Bad und schauen in den Spiegel: Ob wir ohne Kinder genauso fertig aussehen würden? Liebevolle Akzeptanz hat nichts mit Falten und müden Augen zu tun. Doch würden mich Unstimmigkeiten nicht derart stressen, wäre mein Blick auf mich wohlwollender und ich würde mich als Mutter nicht ständig in Frage stellen. Vielleicht sollte ich frischere Gedanken denken. Denn laut der Harvard-Professorin Ellen Langer, die sich seit Jahren mit „mindfullness“ (Achtsamkeit) beschäftigt, müssen wir an unserem Denken etwas ändern, um Stress abzubauen.
Mindfulness bedeutet, sensibel zu werden: dafür, ob das, was ich über mich und die Welt denke, auch tatsächlich so ist.
Ich kann nicht wissen, wie ich mich heute ohne Kinder fühlen würde. Doch ich kann liebevolle Akzeptanz üben, indem ich achtsam meine Gedanken wahrnehme und solche, die nichts Gutes bewirken, sondern nur mir selbst schaden, entlarve und loslasse. Denn natürlich bin ich nicht die beste Mutter der Welt, habe viele Fehler gemacht, aber so sind Mütter nun mal – Menschen.
Aus dem Gedankenkarussell aussteigen
Frau Langer hat interessante Experimente gemacht: Sie lud für eine Woche eine Gruppe älterer Herren in ein ehemaliges Kloster in New Hampshire ein. Dort war alles so hergerichtet wie zu der Zeit, als die Herrschaften noch zwanzig Jahre jünger waren: entsprechend alte Bücher und Zeitschriften, längst vergessene Fernsehserien und auch am Abend wurden die Probanden dazu aufgefordert, zeitgenössische Themen von vor zwanzig Jahren zu diskutieren, als wären sie hoch aktuell. Außerdem mussten sie sich selbst versorgen, kochen und den Abwasch erledigen. Tatsächlich: Am Ende dieser Zeitreise waren die Herren fitter: besseres Seh-, und Hörvermögen und körperlich und geistig mehr Beweglichkeit.
Unser Geist hat einen wesentlichen Einfluss auf unsere körperliche Gesundheit. Unsere geistige Haltung und damit eng verbunden unsere Gedanken sind wesentlich für unserer körperliches Wohlergehen.
Deine Gedanken sind entscheidend dafür, ob du dich stressen lässt oder bewusst Stress abbaust, indem du deine Gedanken besser pflegst. Du entscheidest über deinen gedanklichen Input. Deswegen ist es so wichtig, dass wir uns immer wieder kleine Auszeiten nehmen, um aus dem gedanklichen Trott herauszukommen. „Ich geh mal eine Runde um den Block.“ – Dieser abgenudelte Satz hilft aber tatsächlich. Mal eben raus aus allem, wenn der Stresslevel in Alarm Rot blinkt. Denn haben deine Gedanken dich erst einmal auf die Negativ-Spur gezogen, lassen sie dich nicht so einfach wieder ausscheren. Da musst du selbst aktiv werden, indem du achtsam erkennst, was gerade abläuft, um beispielsweise mit einem kleinen Gang um den Block aus der Situation herauszukommen.
Unsere Gedanken entscheiden, ob wir etwas positiv oder negativ werten. In der Achtsamkeit erkennen wir den Moment der freien Wahl.
Die Denkhaltung ändern
2007 untersuchte Professor Langer, inwieweit unser Denken zum Beispiel Einfluss auf unser Körpergewicht hat. Als Probanden dienten zwei Gruppen Zimmermädchen, wobei bei der einen Gruppe der Damen ihr Job als Fitnesstraining umdefiniert wurde. Betten beziehen und Bäder wischen sollten sie als eine Art Sport betrachten. Und siehe da, nach vier Wochen hatten die Teilnehmerinnen dieser Gruppe ein Kilogramm abgenommen.
„Was wir sehen, hängt davon ab, worauf zu achten wir gelernt haben. Mindfulness bedeutet: in dem, was wir bereits zu kennen glauben, etwas Neues entdecken.“
Ellen Langer in einem „Zeit- online“-Interview
Ich glaube, dass sich bereits aus dem achtsamen Erkennen der Gedanken eine Änderung der Haltung ergibt. Denn es geht um die Bewusstwerdung. Komme ich zurück zu den leidigen Endlosdiskussionen mit meinen Kindern, sorgt allein die Bewusstwerdung meiner Gedanken dafür, dass sich die Situation für mich anders zeigt. Ich kann mich mehr rausnehmen und erkennen, dass meine Kinder natürlich endlos streiten und diskutieren wollen, schließlich sind sie jung und im Aufbruch. Und natürlich wollen sie auch mich und meinen Lebensstil in Frage stellen. Und hier beginnt der entscheidende gedankliche Haltungswechsel. In diesem Moment der achtsamen Bewusstwerdung meiner Gedanken, kann ich Stress abbauen, indem ich es nicht zulasse, dass meine Gedanken mich weiterhin drangsalieren. Ich gehe in die Distanz und werde zum Beobachter.
Im Grunde geht es immer um folgende Schritte: Erkennen, was ist, ohne zu bewerten, und liebevoll annehmen.
Akzeptiere ich meine negativen Gedanken voll Mitgefühl und Liebe löst sich die Negativität auf und ich das Stressgefühl verfliegt.
Von fremden Gedanken trennen
Achte einmal darauf, wie viele deiner täglichen Gedanken problemgefärbt sind. Manchmal habe ich das Gefühl, ich bin geradezu ein Problemsucher. Sobald ich es schaffe, mich gedanklich von meinen Sorgen zu lösen, mahnt eine innere Stimme, ich würde mich nicht genug kümmern.
Stress ist etwas, was in deinem Kopf passiert. Also musst du auch dort beginnen, den Stress abzubauen. Und deine geistigen Stressoren sind hauptsächlich die Stimmen der anderen, die du im Laufe der Jahre verinnerlicht hast.
„Mindless automata“ nennt Langer jene Überzeugungen, die unser Leben steuern, ohne dass wir es bemerken – als seien wir darauf programmiert, fremde Gedanken ungeprüft zu übernehmen.“
Aus einem „Zeit- online“-Interview
Dieses „Gute Mutter“-Ding ist ja etwas, was wir von Generationen weit vor uns übernommen haben. Mich hat das immer gestresst und tut es noch heute. Doch irgendwann sagte mein Vater zu mir, er und meine Mutter hätten beileibe nicht alles richtig gemacht. Das war für mich wie ein Aufatmen.
Unsere Vorstellungen von den Dingen, wie sie sind und sein sollen, davon müssen wir uns lösen. Um Stress abzubauen, müssen wir also immer zuerst bei uns selbst schauen. Es sind nicht die Kinder, die uns stressen, nicht der nervige Nachbar oder der rücksichtslose Chef. Wir allein erzeigen den Stress, weil wir es gedanklich zulassen.
- Erkenne ich negative Gedanken, die mich stressen, stelle ich mir vor, sie seien kleine schwarze Wolken am Himmel. Ich betrachte sie und lasse sie ziehen.
- Ich achte bewusst auf schöne Momente des Tages: Sobald mich etwas erfreut, nehme ich diese Freude bewusst in mir auf und spüre ihr mindestens 20 Sekunden nach.
- Ich mache aus schönen Tatsachen (blühende Blumen, strahlender Sonnenschein) schöne Erfahrungen, indem ich diese Tatsachen für einen achtsamen Moment verinnerliche.
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