Alles sprießt, keimt und beginnt zu blühen. Das Frühlingsfest der Natur stärkt uns mit Lebensfreude. Wer kann dem widerstehen, wenn das Gras zu grünen beginnt und süßliche Blütendüfte unsere Nasen kitzeln. In der Tierwelt beginnt die Paarungszeit und auch wir verspüren einen Rausch der Gefühle. Es grünt so grün … Doch Hildegard von Bingen mahnt: Vorsicht, der April macht, was er will.
Hildegard von Bingen vergleicht die Launen des Aprils mit den Zwistigkeiten im Miteinander und mahnt, sich davon nicht hinreißen zu lassen.
Der April stärkt das Gute in uns
April, April, der weiß nicht was er will.
Mal Regen und mal Sonnenschein,
Dann schneit’s auch wieder zwischendrein.
April, April, der weiß nicht was er will.
Scheint es im April, als würden die Jahreszeiten wild durcheinander gewürfelt werden, so sprießt doch überall das erste Grün. Und Grün ist die Farbe des Lebens. Hildegard von Bingen schreibt in ihren Texten von „viriditas“, der Grünkraft, der Lebenskraft, die alles durchzieht. Das Blattgrün (Chlorophyll) wandelt das Licht der Sonne in Kohlehydrate und Sauerstoff und bedingt so alles Leben.
„Diesem Monat gleicht der Mensch, wenn er kraft des Vernunfthauches seiner Geistigkeit im Gewissen das Grün der guten Werke einsichtig auswählt. Es ist ein Monat, in dem alle Frucht der Erde zu grünen anhebt und der des Duftens so voll ist.“
aus: „Welt und Mensch – De Operatione Dei“
Solche Sätze muss man zweimal lesen, ich jedenfalls. Dieser Monatstext von Hildegard von Bingen wird oft als ein Verweis auf die Tugenden interpretiert: Der Mensch, der rechtschaffen handelt und Gutes tut, verströmt seinen „Duft“ quasi wie einen Hauch Gottes, der in allem Guten enthalten ist. Doch versteckt sich hier auch eine Warnung: Die Wortwahl „kraft des Vernunfthauches“ und „einsichtig“ mahnt indirekt, sich nicht zu Hochmut oder Erhabenheit hinreißen zu lassen, nur weil man ein Vorbild in Tugendhaftigkeit ist.
Der April sensibilisiert unsere Sinne
„Und er (April) ist ein Duftbringer, weil er den Ruf der Rechtschaffenheit und Nützlichkeit wie einen süßen Duft zum Lobe Gottes überallhin ausströmt.“
aus: „Liber divinorum operum – Buch der göttlichen Werke“
Gehst du jetzt im April hinaus in die Natur und nimmst achtsam das süßliche Aroma erster Apfelblüten wahr, wie auch den Duft von Hyazinthen und Narzissen, spürst du vielleicht so etwas wie Dankbarkeit, Freude an der Natur und Demut angesichts des Großen Ganzen, was auch immer es sei, denn jedes Jahr beschenkt uns die Natur mehr als reichhaltig.
„Und der Mensch zieht im Hauch der Vernünftigkeit durch die Nasenlöcher die verschiedenen Dinge an sich, indem er die süßesten und edelsten auswählt und die stinkenden und schmutzigen verwirft.“
aus: „Liber divinorum operum – Buch der göttlichen Werke “
Achtsamkeit zeigt dir, wie du das Gute und Schöne wahrnehmen und deinen Fokus darauf ausrichten kannst. Du nimmst bewusst wahr und entdeckst dabei all das, was ansonsten unbeachtet bleibt. Und entsprechend wirst du mehr Freude und Liebe spüren und auch selbst mehr Freude und Liebe verbreiten.
Der April reinigt die Atmosphäre
„Dieser Monat erschallt nämlich mit Gefahr und Furcht und dennoch trocknet er die Früchte der Erde nicht aus. Ebenso vertrocknen auch die Kräfte und Tugenden eines seligen Menschen durch die zuvor genannten Übel nicht, vielmehr ermatten diejenigen, die ihre Zähne gegen ihn fletschen.“
aus: „Liber divinorum operum – Buch der göttlichen Werke “
Hagel, Schnee, dann wieder fast sommerlich warm und am nächsten Tag stürmt es wie im Herbst. Und natürlich Gewitter wie aus heiterem Himmel. Doch so ist das Leben, auch in unseren Beziehungen geht es oft zu wie im April. Hildegard von Bingen weist deutlich darauf hin, dass diese Wolkenbrüche den Früchten der Erde nichts anhaben können. Je achtsamer du in deinem Alltag bist und je bewusster du erkennst, desto furchtloser begegnest du zwischenmenschlichen Gewittern. Auch Blitze und Donner in deinem Inneren können dir wenig anhaben. Du lernst, wie du deinen Atem sozusagen als Blitzableiter nutzen kannst, indem du beispielsweise in Krisensituationen über bewusstes Atmen in eine beobachtende Distanz findest und so impulsives Reagieren vermeidest.
Nun seht, nun seht, wie es wieder stürmt und weht.
Und jetzt, oh weh, oh weh,
Da fällt auch dicker Schnee.
April, April, der weiß nicht was er will.
- Nichts wie raus in die Natur: Ich stärke mich so oft es geht an dem Duft des Frühlings, atme bewusst die erwachende Energie ein.
- Wie tröstlich: Das wechselhafte Aprilwetter bleibt mir als Bild im Gedächtnis, so dass ich die täglichen Wogen gelassener annehmen kann.
- Hildegard von Bingen spricht die Tugenden an. Das nehme ich zum Anlass, mir Gedanken darüber zu machen, welche Tugenden mir wichtig sind und inwiefern ich diese auch lebe.
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