Resignation lässt uns um Jahre altern. Schlimmer noch: Die Erkenntnis, dass die Jahre einfach verstrichen sind, verstärken unseren Trübsal nur. Den Kopf in den Sand zu stecken, ist eindeutig die falsche Strategie. Klar, Altern ist nicht immer lustig, aber das Leben besteht nicht nur aus Sonnenschein. Doch wir können die Vorhänge ein wenig lüften und Stress abbauen, so kommt Licht ins Leben.

Je achtsamer du lebst, desto klarer erkennst du, dass es deine Gedanken sind, die den Stress erzeugen.
Stress entsteht im Kopf
Mein Mann wird dieses Jahr sechzig Jahre alt. Wow, wie die Zeit verflogen ist! Und bis zu meiner Sechzig ist es auch nicht mehr so lange hin. Ich kann mir uns beide als Sechzigjährige gar nicht vorstellen. Früher war Sechzig für mich richtig alt. Nun sind wir zwei fast so weit. Meinem Mann macht das nichts aus. Er verschwendet keinen Gedanken daran. Ich hingegen mache mir Gedanken. Überlege, was ich jetzt nicht alles an Gymnastik und gesunder Ernährung machen sollte. Und dann diverse Arzttermine, man muss ja vorsorgen.
Außerdem die vielen Falten und die Haare werden dünner. Und geistig muss ich doch auch irgendwie fit bleiben. Das stresst. Doch dann denke ich an meinen Kollegen in meinem literarischen Schreibseminar. Der ist knapp Achtzig, schreibt die schönsten Geschichten, ist voller Witz und hat einen blitzschnellen regen Geist. Ja, er hört manchmal etwas schlecht und krumm gehen tut er auch. Aber was zählt denn? Wenn ich ihn sehe, dann verstehe ich jedes Mal, dass es so sinnlos ist, sich gedanklich mit dem Alter zu stressen, statt Spaß zu haben und Dinge zu tun, die einen erfüllen und das Leben lebendig machen.
Stress abbauen und mutig genießen
Darum geht es doch: den gedanklichen Stress abzubauen. Den meisten Stress machen wir uns nämlich in unserem Kopf selbst. Denn das Alter und die damit verbundene Ängste und Schamgefühle, wie zum Beispiel nicht mehr attraktiv genug zu sein oder noch viel schlimmer die innere Frage: Was soll das jetzt noch? passiert alles nur in unserem Kopf. Und wie oft verstecke ich mich im Alltag hinter meinem angeblichen Stress. Tausend Dinge, die ich machen muss, aber im Grunde kommen sie mir ganz recht, um mich nicht „zeigen“ zu müssen, um mich nicht einzulassen auf das Leben.
Es ist die Intensität des Lebens, die entscheidet. Der weise Mensch ist der leidenschaftliche Mensch.
Um das Leben lebendig zu machen, sollten wir also im Kopf Stress reduzieren. Denn dieser kopflastige Stress, alle unsere unnützen Gedanken um Vergangenes und Mögliches in der Zukunft, die vielen Konditionierungen und Gedankenmuster sind es, die Stress erzeugen und sämtliche Leidenschaft killen. Andererseits nervt mich jedoch dieser „Silver Liner“-Hype. Oft habe ich das Gefühl, spätestens ab Mitte Fünfzig muss man zusehen, besonders aktiv, jung und dynamisch dazustehen.
Ich spüre einen gesellschaftlichen Druck, mich möglichst noch zu optimieren. Alles schön und gut, aber bitte sehr nach individuellem Maßstab. Denn dieser äußere Druck erhöht den ohnehin vorhanden Stress in meinem Kopf nur noch mehr. Wie wäre es dagegen, einfach mal zu spüren, was ich eigentlich möchte, worauf ich Lust habe, frei von gedanklichen Zwängen und Ängsten. Das ist gar nicht so einfach. Das muss man sich erst einmal erlauben.
Stress abbauen in Achtsamkeit und mit Freude
Ich denke, dass Achtsamkeit hier wirklich der beste Weg ist, um frei und selbstbestimmt für ein erfüllendes Leben bis ins hohe Alter zu sorgen. Denn um Stress abzubauen, sollten wir achtsam damit beginnen, unser Leben selbstbestimmt zu leben. Für mich ist Achtsamkeit ohnehin eine Art Schlüssel für mehr Selbstbestimmtheit. Und damit für mehr Lebensfreude und Lebendigkeit.
In der Achtsamkeit erkennen wir sämtliche äußeren und inneren Fesseln, lösen uns zunehmend davon und werden mit dem guten Gefühl der Selbstverantwortung belohnt. Beste Voraussetzung für ein tiefes Vertrauen in uns selbst und in das Leben. Vor allem schätzen wir so das „Jetzt“ viel mehr wert und verstehen immer mehr, was es heißt, das „Sein“ zu genießen.
Der zufriedenste Mensch ist im besten Sinn der bedingungslose Mensch. Er ist frei von Zwängen und Abhängigkeiten. Den Anspruch, immer noch etwas werden zu wollen, hat er abgelegt.
Stress abbauen und die Vergangenheit ruhen lassen
Viel Stress entsteht auch deshalb, weil wir dazu neigen, an unseren Erfahrungen kleben zu bleiben. Du trägst deine Geschichten geschultert und ich meine. Sind wir nicht achtsam, identifizieren wir uns mit diesen Erfahrungen. Diese Erlebnisse, unsere Historie, das sind wir. Nur bauen wir uns meistens ein Ego daraus, hinter dem wir uns verstecken. Doch erst in dem lebendigen Erleben jeden neuen Tages erfahren wir ein wenig mehr über uns. Darüber, wer wir wirklich sind. Denn wir sind beileibe nicht unsere Vergangenheit. Wir sind JETZT. Vielleicht ist das ein Vorteil des Älterwerdens, zu erkennen, dass wir jeden Tag die Wahl haben, unsere Geschichte ab heute neu zu schreiben in dem achtsamen Erleben jedes einzelnen Moments.
An dem Gewicht der Vergangenheit tragen wir oft schwer bis in die Zukunft. In der Achtsamkeit haben wir jedoch die Möglichkeit, diese Last abzulegen.
Stress abbauen durch den Blick auf das Positive
Mit dem Alter stelle ich auch fest, dass ich mehr und mehr wie meine verstorbene Mutter werde. Vor allem die Eigenschaften von ihr, die mich immer geärgert haben, gerade diese entdecke ich an mir. Eine Zeitlang hat mich das gedanklich gestresst. Es hat dazu geführt, dass ich ziemlich mit mir selbst gehadert habe. Doch dann habe ich mal geschaut, welche ihrer positiven Eigenschaften auch in mir vorhanden sind. Und da kamen schöne Erinnerungen hoch. Und je mehr solcher Erinnerungen ich wiederbelebte, desto nachsichtiger konnte ich die Teile annehmen, die ich zuvor noch so streng verurteilt hatte. Mittlerweile muss ich sogar über „uns“ lächeln, wenn ich über „unsere“ ungeliebten Eigenarten stolpere.
Die liebevolle Annahme unserer selbst, mit all unseren Unzulänglichkeiten und Schwächen, stärkt unsere Zufriedenheit und Lebenslust.
Stress abbauen und die Messlatte ablegen
Vielleicht haben wir unsere Messlatte für das Alter auch zu hoch angelegt. Wir dürfen Falten und dünner werdendes Haar haben. Wir dürfen mehr Stöhnen und ebenso für dies und das etwas länger brauchen. Und wir müssen nicht Sport- und Ernährungsprogrammen hinterherjagen, sondern wir dürfen genießen und alles mit Freude tun. Manchmal betrachte ich Fotos von früher und denke, wie jung wir da noch waren. Aber gleichzeitig spüre ich auch, dass ich für mein damaliges „Ich“ das Gefühl verloren habe. Ich fühle mich jetzt so, wie ich bin. Viele Jahre gealtert und trotzdem sehr heimelig in mir selbst.
Empfindest du Warmherzigkeit und Liebe für dich selbst, lebst du freier und genussvoller.
Stress abbauen und einfach nur sein
Abschließend dazu eine Zen-Geschichte, die uns ermutigen sollte, uns geistig nicht länger zu stressen und stattdessen einfach das „Sein“ zu genießen.
Ein bereits älterer Mönch kam zu deinem Zen-Meister und sagte: „In meinem Leben habe ich viele spirituelle Lehrer aufgesucht, nach und nach immer mehr Vergnügungen aufgegeben, um meine Begierden zu bekämpfen, habe eine Zeit lang gefastet, mich jahrelang dem Zölibat unterworfen, mich regelmäßig kasteit. Ich habe wirklich alles getan, was von mir verlangt wurde, habe wahrhaftig gelitten, doch die Erleuchtung wurde mit nie zuteil. Ich habe alles aufgegeben, jeder Gier, jede Freude und jedes Streben habe ich fallenlassen. Was soll ich denn noch tun? Der Meister lächelte mild und erwiderte: „Gib das Leiden auf.“
- Kommt mir der Gedanke „Was soll das in deinem Alter, wozu jetzt noch?“, entscheide ich mich erst recht dafür.
- Ich klebe mir einen Post-it an den Computer: „Lebendigkeit“. Und immer, wenn ich darauf schaue, frage ich mich: „Fühlst du dich heute lebendig? Was kannst du heute für mehr Lebendigkeit in deinem Leben tun?
- Raubt mir das Thema Alter mal wieder meine Lebensfreude, gehe ich raus in die Natur, um mich zu bewegen und mit allen Sinnen die Schönheit des Lebens aufzunehmen.

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