Seit einiger Zeit zieht es uns wieder in den Wald. Wald-Yoga, Bäume umarmen, Baumheilkunde und achtsame Waldbegehungen sind im Trend. Prima, schließlich sind Waldluft und Bewegung gut für die Gesundheit. Nebenbei hilft dir die Natur, Stress abzubauen. Ein achtsamer Spaziergang entspannt und belebt zugleich. Und manchmal entdeckst du dabei Emotionen, die lange in dir verborgen ruhten.
Gehst du achtsam in die Natur hinaus, verliert sich der Alltagsstress und du begegnest deinen inneren Bedürfnissen, die ansonsten im Alltag wenig Gehör finden.
Stress abbauen klappt nicht auf dem Sofa
Natürlich gibt es immer Tausend Dinge zu erledigen und wieso du dann auch noch einen Spaziergang in der Natur machen sollst, scheint auf den ersten Blick absurd. Um Stress abzubauen ist es doch viel einfacher, sich aufs Sofa zu setzen und zu pausieren. Keine schlechte Idee, doch wesentlich wirkungsvoller ist nun einmal ein Spaziergang in der Natur. Dabei kommt nämlich viel zusammen: die Bewegung, die frische Luft und allem voran die Wirkung der Natur, ihre Energie und ihr Rhythmus.
Sicher, noch lockt die Natur nicht gerade zum Verweilen, doch sobald du trotz Kälte und Feuchtigkeit deinen inneren Schweinehund überwunden hast, wirst du bereits nach den ersten Metern spüren, wie du dich wie von selbst in einen bestimmten Rhythmus beim Gehen einfindest. Und dann gehst du immer weiter und weiter und ehe du dich versiehst, fühlst du dich gelöster von all dem Stress, der dir zuvor noch im Nacken saß.
„Die Natur entlastet uns von den vertrauten Sorgen, letztendlich von der Sorgestruktur selbst. Wir können in der Natur eine tief gehende Erleichterung erleben.“
Michael Huppertz & Verena Schatanek, aus „Achtsamkeit in der Natur“
Stress abbauen und du selbst sein
Es ist ein bisschen so, als würden innere Fesseln sich lösen und du kannst dich in der Natur so geben, wie du bist. Du entschlüpfst sozusagen ein wenig deinem Alltagskorsett und legst alle Verpflichtungen und Sorgen ab. Du lässt dich treiben mit der Energie der Natur. Und die ist sowohl beruhigend als auch belebend. Sie beschwichtigt und relativiert die Dinge. Vielleicht deswegen, weil das Gesetz der Natur ein ewiges Entstehen und Vergehen ist. Getragen von diesem Wissen erscheinen viele Sorgen plötzlich weniger gewichtig als zuvor. Denn alles in deinem täglichen Umfeld – dein Büro, die Räume in deiner Wohnung, ja selbst die Wege beim Einkaufen oder zum Bus – kommuniziert auf irgendeine Art und Weise mit dir. Es hält dich unter Strom und signalisiert dir unterschwellig, was du alles erledigen musst, was zu tun ist und welche Rolle du im Alltag einnimmst. Inmitten der Natur dagegen – sei es umgeben von Bäumen in einem Wald oder in einem Park mit Rasen, Hecken und Büschen – löst du dich von dieser stressigen Energie und bist frei.
„Wir öffnen uns in der Natur. Wir lassen gewohnte Fokussierungen zurück, da sie von der Natur nicht unterstützt werden…….Wir erleben uns in der Natur nicht mehr als Zentrum der Situation.“
Michael Huppertz & Verena Schatanek, aus „Achtsamkeit in der Natur“
Im Alltag bist du meistens auf bestimmte Dinge fokussiert. Gehst du jedoch achtsam in die Natur, löst sich dieser Fokus und deine Sinne öffnen sich für alles natürliche Erleben: für das Knacken und Knistern in den Ästen und für den Geruch der feuchten Blätter und vermoosten Baumstämme und für die kalte Luft, die sich auf deine Wangen legt. Du genießt komplett fokusfreie Zeit und lässt los. Dieses nennt man auch „weite Achtsamkeit“. Du nimmst einfach alles wahr, was dich umgibt, komplett zweckfrei und wertfrei. Ebenso lässt du alle Gedanken und Assoziationen zu, die in diesem Moment der Achtsamkeit bei dir aufkommen. Du nimmst sie wahr, betrachtest sie, bleibst jedoch weiterhin offen, ohne an ihnen festzuhalten. Du lässt dich äußerlich und innerlich treiben, bist achtsam offen für alles Erleben, ohne festzuhalten. Damit lässt du auch sämtlichen Stress los: Einerseits stehst du nicht länger im Zentrum deiner Aufmerksamkeit und andererseits spürst du dich intensiver und bewusster. Gedanklich bist du nicht mehr so stark auf deine Alltagssorgen ausgerichtet und gleichzeitig rückst du näher an dich heran, an deine Gefühle, die im Alltag meist keinen Platz haben.
„In weiter Achtsamkeit bewegen wir uns in der Gegenwart wie ein Fisch im Wasser. Sie wird bisweilen auch „Gewahrsein“ genannt.“
Michael Huppertz & Verena Schatanek, aus „Achtsamkeit in der Natur“
Stress abbauen und Gefühlen Platz geben
Bei einem achtsamen Gang in die Natur befindest du dich im „Gewahrsein“. Das ist im Alltag normalerweise verdammt schwierig, klappt in der Natur relativ einfach. Manchmal jedoch kommen bei einem solchen Spaziergang Gefühle und Bilder hoch, die tief in dir verborgen waren. Beispielsweise in der Dämmerung, wenn die kargen Bäume fast schwarz in den Himmel ragen und die mit leichtem Schnee bedeckten Wiesen geradezu leuchten, ehe sich der Abendnebel darüberlegt. So eine Stimmung kann Traurigkeit aufkommen lassen oder eine undefinierbare Sehnsucht nach Kindertagen, als alles noch so geheimnis- und verheißungsvoll erschien.
Die Natur ist der Spiegel unserer Seele. Vielleicht signalisieren dir diese Gefühle, dass du dich im Grunde nach Geborgenheit sehnst. Nur du allein kannst sie interpretieren. Alles, was deine Seele dir hier in der Natur mitzuteilen hat, ist wichtig und hilft dir dabei, dich und deine Bedürfnisse wichtig zu nehmen.
„Die Gegenwart ist zudem meistens harmlos, die meisten unserer Probleme existieren in Zukunft und Vergangenheit. In der Natur – so, wie wir sie in der Regel erleben – wird uns das in besonderem Maße bewusst.“
Michael Huppertz & Verena Schatanek, aus „Achtsamkeit in der Natur“
Die Natur triggert in uns Gefühle an, die bereits da sind, meist jedoch im Alltag im Verborgenem bleiben. An einem Tag erfüllt dich der Anblick der Bäume mit Kraft und Freude, hoch hinaus in den Himmel, du strotzt geradezu vor Energie. Den nächsten Tag verliert sich dein Blick in den herabhängenden Zweigen einer Trauerweide und Schwermut breitet sich in dir aus. Es ist interessant, wie unterschiedlich die Natur auf uns wirkt und wie wir unbewusst an genau dem hängen bleiben, wo unser Gefühl uns hinleitet, damit es über das achtsame Wahrnehmen Raum und Gehör bekommt. Die Autoren von „Achtsamkeit in der Natur“ sprechen hier von relationaler Achtsamkeit. Damit ist das Gewahrwerden eben dieser sensiblen Zusammenhänge gemeint, wie wir mit der Natur beziehungsweise Umwelt interagieren.
„Viele Menschen agieren und reagieren in ihrem Alltag unentwegt, sei es aus Notwendigkeit, sei es aus Gewohnheit. Sie bekommen oder nehmen sich nicht die Zeit, die Ereignisse erst einmal auf sich wirken, sie innere Kreise ziehen zu lassen …“
Michael Huppertz & Verena Schatanek, aus „Achtsamkeit in der Natur“
Mein Tipp: Nutze die Natur so oft es geht, um Stress abzubauen. Natürlich gibt es viele andere Methoden, doch die Natur bietet dir ein ganzheitliches Erleben, jedes Mal anders und jedes Mal findest du dort genau das, was du in dem Moment auch brauchst.
- Ich achte bewusst auf den Zusammenhang: Welche natürlichen Reize rufen welche Gefühle hervor?
- Statt mich auf dem Sofa zu entspannen, gehe ich lieber eine Runde in die Natur und spüre dabei achtsam im Außen und im Innen.
- Bei meinen achtsamen Gängen in die Natur spüre ich bewusst in meinen Körper hinein, welche Energie sich hier entwickelt.
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