Hast du Mitgefühl mit dir selbst? Selbstmitgefühl im Alltag ist entscheidend, um Stress abzubauen. Denn fehlendes „Mit sich selbst Fühlen“ schürt das Stressgefühl. Mitgefühl gegenüber sich selbst, bedeutet, den Moment und sich selbst in dem Moment achtsam wahrzunehmen und bewusst zu spüren. Denn wer die kleinen Freuden und Augenblicke des leisen Glücks entdeckt und in sie hineinspürt, der fällt für diesen Moment aus dem Stress-Modus heraus und stärkt seine Resilienz.
Um Stress abzubauen, hilft es, sich selbst mitfühlend zu begegnen und die Schönheit des Alltags bewusst zu spüren.
Mitgefühl als Stresskiller
Letzten Donnerstag holte ich meine 18jährige Tochter mal wieder nachts mit dem Auto aus einem Club ab, denn ich will nicht, dass sie derart spät mutterseelenallein mit der Bahn zu uns rausfährt. Ich fühlte mich gestresst, denn mein Tag war randvoll gewesen. Zudem musste ich noch zwanzig Minuten warten, bis Madame dann endlich rauskam. Verärgert schwieg ich sie die ersten zehn Minuten im Auto an. Doch dann verkabelte sie ihr Handy mit dem Radio, drehte auf und wir hörten lautstark den Song „Better When I´m Dancin“, ein ähnlich fröhlicher Ohrwurm wie einst „Happy“, mit ziemlich gleicher Botschaft. Und wir zwei? Im Nu war die eisige Stimmung verflogen und wir sangen, tanzten und lachten. Ein Moment unverhofften Glücks. Ich spürte unsere Lebensfreude und fühlte, wie all der Ärger und Stress von mir abfielen. Dann war es eben weit nach Mitternacht und am nächsten Tag würde der Wecker gnadenlos früh klingeln. Egal, ich fühlte diesen Moment: Ich fühlte mich in diesem Moment und ich fühlte meine Tochter. Und das war vollkommen.
Momente, in denen wir achtsam die Freude fühlen, genau diese Momente sind es, die uns dabei helfen, im Alltag Stress abzubauen.
Stress abbauen durch bewusstes Wahrnehmen
Mitgefühl bedeutet eben auch, sich öffnen, um das Besondere eines Moments wahrzunehmen, und mit Gefühl die Energie aufzunehmen, die dabei entsteht. Fühle ich den anderen und lasse zu, dass seine positive Energie mich „ansteckt“, erlebe ich einen Moment Leichtigkeit und Freude und sämtlicher Stress ist für diesen Moment verflogen. Je mehr solcher Momente du erlebst, desto größer wird dein Positiv- Puffer und je gelassener und resistenter wirst du in Bezug auf Stress.
Mitfühlen kann sich aber auch auf Situationen beziehen, die du erlebst, ohne mit einer Person in Kontakt zu gehen, zum Beispiel ein besonders schöner Moment im Park. Um dich herum die bunten Blumen, die Bäume strotzen vor Grün, der Himmel ist blau und wolkenlos und auf der Wiese liegen Pärchen, spielen Jugendlichen Fußball, Familien grillen und manch einer liegt neben seinem Fahrrad und sonnt sich. Nimmst du jetzt diesen Moment bewusst wahr, fühlst dich hinein in die sommerliche Atmosphäre, stoppt dein Stress-Karussell und du öffnest dich für all das Schöne, was dich umgibt, losgelöst von den vielen Dingen, die dich stressen. Du gewinnst Distanz. Und die Distanz hilft dir, deinen Stress mehr und mehr abzubauen.
Mitgefühl zuerst bei dir selbst
Mitgefühl verbindet. Du weißt selbst, wie belebend es ist, gute Laune zu teilen. Doch Vorsicht vor negativen Energien. Um den Stress in deinem Leben zu minimieren, achte darauf, dass du zuerst immer mit dir selbst fühlst. Denn es hilft keinem, wenn die negativen Gefühle des anderen Dich runterziehen. Ist mein Mann zum Beispiel grummelig, spüre ich das sofort, da kann er sich noch so viel Mühe geben. Bleibe ich jetzt nicht achtsam bei mir und spüre, wie seine Laune sich auch auf mich ausbreiten will, kann sich daraus schnell eine stressige Situation entwickeln. Also auch hier: Mitfühlend mit sich selbst schauen: Was löst der andere bei mir aus? Inwieweit kann ich ihm helfen, ohne seine negativen Gefühle anzunehmen?
Je selbstverständlicher wir uns täglich mit achtsamem Mitgefühl selbst begegnen, desto leichter erkennen wir, wie wir uns vor Stress und Ärger schützen können.
Mini-Momente gegen Stress
Um deine Stress-Resilienz zu stärken, schaue also täglich nach schönen Mini-Momenten, um diese bewusst zu fühlen und aufzunehmen. Das sind kleine Momente der Freude, wie zum Beispiel der warme Sommerwind, der beim Fahrradfahren über deine nackten Arme streicht. Die ersten Schritte barfuß am Morgen in noch feuchtem Gras. Oder auf einem Spaziergang mit kalten Händen warme Pferdenasen streicheln. Es bringt Spaß, achtsam auf solche Momente zu schauen, sie bewusst zu spüren und diese guten Gefühle auszukosten. Diese Momente sind nicht selbstverständlich, sie sind wie ein kurzes Aufblitzen der Sonne hinter dem wolkenverhangenen Himmel. Und gerade deshalb sind sie so besonders und sind es wert, mitfühlend wahrgenommen zu werden.
Wer seinen Sehnsüchten ehrlich begegnet, lernt sich selbst besser kennen.
Sich selbst mitfühlend begegnen, heißt auch, seine Sehnsüchte zu erforschen beziehungsweise ihnen Raum zu geben, sie zu spüren und zu reflektieren. Und gönnst du dir zwischendurch einen kleinen Tagtraum, hilft dir diese Auszeit dabei, Stress abzubauen. Zum Beispiel holst du dir den selbstgebackenen Erdbeerkuchen deiner Großmutter wieder vor Augen oder die bunten Malkreidebilder auf dem Asphalt, die du zusammen mit den Nachbarskindern gemalt hast. Erlaubst du dir diese Sehnsüchte, die mit solchen Erinnerungen verbunden sind, achtsam zu spüren, gewinnst du schnell Abstand von allem, was dich im Alltag stresst.
Sehnsüchte haben übrigens ein enormes Kraftpotenzial. Sie fordern uns auf, Neues in unser Leben hereinzulassen. Warum nicht eine Weile den Kindern dabei zusehen, wie sie den Fußweg mit Blumen, einer Sonne und kunterbunten Häusern verschönern? Sich von der Freude tragen lassen und sie als Anstoß nehmen, mehr Kindlichkeit und Leichtigkeit in den Alltag zu integrieren.
Es gibt Gefühle, die lassen sich schwerlich mit Namen versehen, kein Begriff kann genau fassen, was dieses Gefühl ausmacht, wie es schwingt:
„Die Rührung über die Unbeholfenheit eines Kindes.
Die Freude, wie die Eltern da so Hand in Hand sitzen.
Das Glück, aufzuwachen und ihn in der Küche klappern und Frühstück machen zu hören.“
Mario Giordano, aus „1000 Gefühle, für die es keinen Namen gibt“
Je mitfühlender du im Alltag dir selbst gegenüber bist, desto mehr solcher Gefühle wirst du entdecken und desto größer wird das Farbspektrum deines täglichen Erlebens. Und das hilft dir, den Tunnelblick, mit dem du durch den Alltag von einer Verpflichtung zur nächsten hetzt, zu weiten. Denn Mitgefühl ist der Schlüssel, den wir nur ins Schloss stecken müssen, damit sich die Tür für die Vielfalt und die Möglichkeiten des Lebens öffnet.
„Die Hoffnung, dass es heute mal für Hitzefrei reichen möge.
Das wehmütige Vermissen der Schmetterlinge im Bauch.
Die Hoffnung auf ein unmoralisches Angebot wie im Film.“
Mario Giordano
Mein Plädoyer für mehr Mitgefühl im Alltäglichen ist eine Fundgrube auf dem Weg zu uns selbst. Und je mehr Mitgefühl du dir erlaubst, desto klarer und deutlicher erkennst du die Unwichtigkeit von Stress.
„Die Peinlichkeit beim Kaffeefleck auf der Hose.
Die Furcht vor dem Feilschen in Basaren.
Die Gelassenheit, wenn du niemanden mehr etwas beweisen musst.“
Mario Giordano
Und nun bist du dran: Welche Gefühle ohne Namen fallen dir ein?
- Ich erstelle eine Liste mit Gefühlen, die mir guttun.
- Achtsam werde ich in Momenten der Freude innehalten und genau nachspüren, wie sich die Freude anfühlt.
- Gefühle von Sehnsucht betrachte ich mit Achtsamkeit: Was wollen sie mir sagen? Was fehlt gerade in meinem Leben? Was kann ich dafür tun?
Folge dem Blog – Jede Woche neue Impulse
Bleib am Ball mit der wöchentlichen "Das tut mir gut"-E-Mail:
Freitags gibt es eine E‐Mail mit den aktuellen Blog-Beiträgen der Woche. Nimm Dir die Zeit zum Lesen, um Dein Leben bewusster zu gestalten und Dich selbst entsprechend wertzuschätzen.