Wenn ich 12 mal pro Minute atme, mache ich pro Stunde 720 Atemzüge und an einem Tag komme ich auf 17.280 mal Ein- und Ausatmen. Puh, da bleibt mir die Luft weg, so viel Puste. Aber im Ernst: Abgesehen von der mathematischen wie sieht es mit der bewussten Betrachtung aus? Ich nehme meinen Atem wenig wahr. Dabei kann er mir jeder Zeit und im Nu dabei helfen, Stress abzubauen.
Dein Atem hilft dir dabei, sofort bei dir selbst und deinem Körper anzukommen und klar zu erkennen, was wirklich ist.
Dein Atem ist dein Verbündeter beim Stressabbau
Statt den Herbst zu genießen, den ich über alles liebe, denke ich mit Schrecken daran, dass dann schon bald der November folgt und ich spätestens dann damit beginnen muss, mir Gedanken wegen der Weihnachtskalender zu machen. Die bastle ich für die Kinder immer selbst, kleine Geschenke für jeden Tag, was mit jedem Jahr schwieriger wird, da es den Kostenrahmen nicht sprengen soll. Was früher ein Handtattoo war, ist heute ein Lippenstift. Das stresst mich. Dieser Gedanke vermiest mir das Erleben all dessen, was gerade ist. Also probiere ich es mit einer Atemübung. Und das funktioniert tatsächlich. Ich brauche nur tief ein- und auszuatmen, dabei in mich hineinzuspüren und schon bin ich raus aus dem Kopf hinein in meinen Körper. Durch dieses „Umschwenken“ wird mein Blick klar für alles, was gerade ist. Ich sehe klarer und ich erkenne, wie meine Gedanken mein Erleben gefärbt haben. Dadurch fühle ich mich sofort ruhiger, präsenter und bewusster. Probiere es auch einmal aus, wenn du das Gefühl hast, du müsstest mal ganz schnell etwas Stress abbauen.
In Gedanken wandern wir von hier nach dort, befinden uns nur selten im Jetzt. Doch das Leben findet im Jetzt statt.
Stress abbauen durch hundert Prozent Präsenz
Ich muss jetzt gerade daran denken, wie ich neulich in der Staatsoper ein Ballett angeschaut habe. Ich liebe es, ins Ballett zu gehen und ich erlebe es dort immer wieder, dass ich in den Moment versinke, weil ich derart gebannt das Geschehen auf der Bühne verfolge. Die komplette Hingabe an den Moment ist auch eine Art Stressabbau. Und die Tänzerinnen und Tänzer auf der Bühne, derart fokussiert auf ihren Tanz, auf ihre Körper und ihre Bewegungen, das ist hundert Prozent Präsenz.
Um Stress abzubauen, müssen wir dafür sorgen, präsenter zu leben, uns unser Tun bewusst machen und ebenso den Körper mit einbeziehen. Ein ganzheitliches Erleben verhindert, dass wir gedanklich abdriften und uns in Gedanken verlieren, die Stress erzeugen. Ich denke, dass hierbei der Atem sozusagen das Bindeglied ist, das uns immer wieder mit uns selbst und dem gegenwärtigen Erleben verbindet.
Stress abbauen mithilfe eines bewussten „Atem-Freiraums“
Beim Meditieren kehrst du ja auch über deinen Atem immer wieder zur Gegenwärtigkeit zurück. Dein Atem ist sozusagen der Stopper, der dafür sorgt, dass du nicht unentwegt gedanklich ausbüxt. Und im Alltag sorgt dieser „Stopper“ dafür, dass du deine Emotionen, ausgelöst durch deine Gedanken, rechtzeitig erkennst, um Abstand zu nehmen. Das läuft in etwa so ab:
- Reiz
- ATMEN = Freiraum
- Reaktion
Der Reiz kann ein Gedanke sein oder zum Beispiel auch eine kritische Bemerkung deines Chefs. Taucht ein so emotionaler Reiz auf, atmest du erst einmal bewusst zwei-, dreimal tief ein und aus und erst dann reagierst du auf diesen Reiz, sprich hier die Kritik. Was passiert während dieser kurzen Atempause?
Du spürst deine aufkommende Emotion (Kränkung, Wut, …) – auch körperlich – und indem du sie erkennt hast du die Wahl, ob du dieser Emotion blind folgst oder bewusst und achtsam handelst. Dieses Modell ist im Grunde eine sehr einfache und simple Methode, Stress abzubauen beziehungsweise vorzusorgen, dass Stress gar nicht erst entsteht.
Über unseren Atem können wir quasi für Sekunden die Pause-Taste drücken, um aus der Beobachterposition klar zu erkennen, welche Emotion uns bewegt. Und durch diesen Moment der Erkenntnis lösen wir uns bereits ein wenig von der Emotion.
Ich weiß, alles leichter gesagt als getan. Ich gebe zu, mir gelingt das auch nicht immer. Ich bin ein impulsiver Mensch, jedoch bringt mich diese Ausrede nicht weiter. Gelingt es mir nämlich, über den Atem quasi kurz innezuhalten, bevor ich blindlings impulsiv reagiere, verlaufen die Dinge meist wesentlich entspannter. Vor allem nutze ich meinen Atem täglich, um aus meine Gedanken herauszukommen. Denn nichts stresst mich so sehr, wie meine eigenen Gedanken, die mich antreiben, die alles perfekt haben wollen und die auf allen „Baustellen“ gleichzeitig herumkaspern.
Stress abbauen durch „Körperlichkeit“
Im Buddhismus ist häufig die Rede von Körpergewahrsein. Dabei geht es um die sensible Wahrnehmung unseres körperlichen Empfindens, wodurch wir letztendlich Zugang zu unseren Gefühlen bekommen. Du siehst, auch hier ist der Schlüssel wieder unser Atem.
Wenn du bereits irgendwelche Entspannungstechniken praktizierst, weißt du längst, wie wirkungsvoll bewusstes Atmen ist. Über den Atem finden wir schnell zur Ruhe oder uns können uns ebenso energetisch aufladen. Oft werde ich gefragt: Wie muss ich denn atmen, mache ich es richtig, kann mir das jemand zeigen?
Mir gefällt, was der buddhistische Mönch Thich Nhat Hanh dazu sagt:
„Anfangs glauben wir vielleicht, es müsse da jemanden geben, damit Atmen möglich sei, es müsse da jemanden geben, damit Gehen möglich sei. Doch in Wirklichkeit sind Gehen und Atmen genug, wir brauchen keinen Geher, keine Atmerin. Wir können einfach wahrnehmen, dass gehen geschieht, dass Atmen geschieht.“
aus: „Versöhnung mit dem inneren Kind“
Das ist also schon alles: Einfach tun. Vielleicht noch als Tipp zum Schluss: Wenn du tief in deinen Brustkorb ein- und ausatmest, deine Brust sich hebt und senkt und der Atem von oben nach unten fließt, so aktivierst du dich. Anders dagegen, wenn du in deinen Bauch atmest: Beim Einatmen wölbt sich der Bauch, beim Ausatmen fällt er zusammen. Der Atem fließt vor und zurück. Diese Atmung entspannt und beruhigt.
Genug über den Atem, ich gehe jetzt hinaus und mache mit dem Hundekind einen Herbstspaziergang. Der November und sämtliche Weihnachtskalender haben hierbei nichts verloren.
- Mithilfe meines Atems versuche ich aus meinem Kopf in das präsente Spüren meines Körpers zu kommen, um Stress abzubauen und das, was gerade ist, bewusst zu genießen.
- Ich versuche so oft es geht von dem „Atem-Freiraum“ Gebrauch zu machen, vor allem in Situationen, in denen ich ansonsten gereizt reagieren würde.
- Alles was ich mache, versuche ich mit hundert Prozent Präsenz zu tun.
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