Ach, ich bin ja so kompetent, schließlich bin ich multitasking. Alle Sinne ständig auf Empfang, die Antennen in alle Richtungen ausgefahren. Sehen, hören, richen, schmecken, fühlen – meinen Rezeptoren entgeht nichts, alle Leitungen online. Meine Sinne sind offen für die Welt. Mehr Wertschätzung kann man dem Leben doch gar nicht bieten. Und warum fühlt sich das nicht gut an? Weil es stresst.
Achtsame Kommunikation schafft Nähe – eröffnet einen Taum der Wertschätzung frei von Stress.
Weniger und dafür bewusster – das reduziert den Stress
Bist du ein guter Zuhörer? Ganz bestimmt. Würde ich von mir auch behaupten, doch meine Tochter sagt mir neuerdings genau das Gegenteil: „Immer bist du mit etwas anderem beschäftigt. Kannst du nicht einmal zuhören?“ Und sie hat recht. Wie oft höre ich nur mit einem Ohr zu, weil ich gedanklich woanders bin, weil ich nebenbei den Abwasch erledige oder backe oder koche oder putze, alles andere, nur nie Hundert Prozent beim Zuhören. Schrecklich! Das stresst mich enorm und tatsächlich kriege ich oft auch nur die Hälfte mit. Dabei entgeht mir so viel: Die Freude darüber, dass meine 17-jährige Tochter noch immer mit allen Problemen zu mir kommt und mir so viel Vertrauen schenkt.
Multitasking im Kopf sorgt für Stress
Stressfrei zuhören beginnt im Kopf: Kennst du das nicht auch, dass du beispielsweise in einer geselligen Runde offensichtlich zuhörst, doch in deinen Gedanken ganz woanders bist. Vielleicht überlegst du, ob du den Bus noch bekommst. Oder du planst bereits, was du zu dem Thema noch erzählen möchtest. Vielleicht ärgerst du dich aber auch über die Besserwisserei deines Gegenübers oder neidest sein perfektes Äußeres. Mir ergeht das ehrlich gesagt ständig so. Und fühle ich da mal achtsam hinein, spüre ich, wie sehr mich meine eigene Unaufmerksamkeit stresst, da ich sozusagen auf mehreren Kanälen präsent sein muss.
Richtiges Zuhören geschieht mit den Ohren, den Augen und sogar mit der Haut.
In dem Moment, wo du dich deinem Gegenüber mit alle Sinnen hingibst, in dem Moment entspannst du dich und sämtlicher äußerer und auch innerer Stress fallen von dir ab. Du bist ganz bei deinem Gegenüber: Du hörst, was er sagt, deine Augen verfolgen seine Mimik und du fühlst ihn. Das Wesentliches wird nonverbal kommuniziert. Man sagt, dass lediglich zehn Prozent des Gesprächsinhaltes beim Anderen ankommen. Den Rest nimmt der Zuhörer über Körpersprache, Gestik, Mimik, und Erscheinungsbild wahr. Für mich bedeutet das ganz klar:
Mit allen Sinnen zuhören – mit dem Herzen hören.
Stressfrei durch Abgrenzung
Ebenso, wie ich gedanklich hier und dahin ausschwärme, neige ich auch dazu, mich in einem Gegenüber total zu verlieren. Zum Beispiel, wenn eine Freundin mir ihre Beziehungsprobleme erzählt. Dann bin ich hundert Prozent bei ihr, mit allen Sinnen. Gemäß der Achtsamkeit werte und urteile ich nicht mehr wie früher, das finde ich bereits super. Eigentlich betrachte ich mich daher als emphatische Zuhörerin. Doch Stopp:
Achtsames Zuhören bedeutet nicht, sich in dem anderen zu verlieren.
Sobald ich mich in die Geschichten meines Gegenübers hineinziehen lasse, kann ich nicht mehr achtsam und präsent sein. Ebenso viel Achtsamkeit wie ich auf mein Gegenüber richte, muss ich auch auf mich selbst richten, auf meine Gefühle und Reaktionen. Oft bewegen die Erzählungen anderer so sehr, dass es nicht mehr möglich ist, präsente Aufmerksamkeit zu schenken. Damit dreht sich aber wieder alles um einen selbst und man läuft Gefahr, sich dadurch stressen zu lassen, weil das Erzählte derart belastet, man sich derart hineinziehen lässt.
Achtsame Sorge für einen selbst ist eine wichtige Voraussetzung für Wertschätzung. Denn Wertschätzung bezieht sich immer auf beide Seiten: Geber und Empfänger.
Stressfrei durch Wertschätzung für den Moment
„…während wir die Segnungen einer 24-Stunden-Vernetzung erfahren, die uns erlaubt, überall und jederzeit mit aller Welt in Verbindung zu treten, machen wir paradoxerweise zugleich die Erfahrung, dass es noch nie so schwierig war, mit uns selbst und unserer inneren Welt in Kontakt zu kommen.“
Aus: Gesund durch Meditation, Jon Kabat-Zinn
Zurück zum Multitasking: Bin ich ehrlich, sieht mein Alltag ähnlich wuselig aus wie mein Zuhören bei meiner Tochter. Multitasking zieht sich durch alles, was ich tue. Mit den Kindern kommuniziere ich oft, indem wir uns von Raum zu Raum zurufen. Meine Busfahrkarte zahle ich mit Handy am Ohr und dirigiere nebenbei das Hundekind durch den Gang. Und wie oft frage ich meinen Mann dreimal am Abend: Na, Schatz, wie war Dein Tag? Mich wundert es da nicht, dass Kommunikationsprobleme eine der Hauptursachen für Stress im schulischen und häuslichen Bereich sind. Also habe ich einen Entschluss gefasst: Ich faste! Machen ja ganz viele Menschen Anfang eines neuen Jahres. Ich entsage jedoch nicht Speis und Trank, sondern entsage diesem ständigen Drang, tausend Dinge gleichzeitig zu machen. Ich specke ab und richte alle Sinne immer nur auf eine Sache zurzeit. Wenn ich die Wäsche bügle, bügle ich die Wäsche – Punkt. Nebenbei werden keine Matheaufgaben gelöst. Erzählt mein Mann von seinem Tag, widerstehe ich dem Drang, unterdessen die Wäsche zusammen zu legen. Und statt kargem Brot, da bin ich sicher, erwartet mich bei dieser Art Fastenkur Herzensfülle – so stelle ich mir das jedenfalls vor.
Indem du dich nur auf das Gegenwärtige fokussiert, fällst du aus dem Stress-Modus heraus und erfährst Wertschätzung.
Derart losgelöst vom Multitasking schenke ich mir zudem selbst Wertschätzung. Mein Tun ist es mir wert, dass ich meine gesamte Aufmerksamkeit darauf richte.
Indem ich Entsagung übe, sorge ich jetzt für mich selbst, schätze mich wert und damit auch mein Umfeld. So fühlt sich mein Tag stressfreier an. Und unter uns: Ich bin froh, dass diese Art Achtsamkeitskur von mir nicht verlangt, den ganzen Tag über zu darben. Das Bild, das Meditationslehrerin Sylvia Wetzel verwendet, finde ich übrigens auch sehr passend:
„…Achtsamkeit, so könnte man sagen, ist der Zipfel Buddha-Natur in unseren Händen.“
Aus: Der Weg entsteht unter deinen Füßen, Sylvia Wetzel
Na denn, diesen Zipfel schnapp ich mir, halte ihn gut fest und freue mich, dass dieser Zipfel vieles einfacher macht, den Stress reduziert und das Miteinander verschönert.
- Bevor ich mit anderen in Kontakt trete, checke ich, ob ich mit mir selbst in Kontakt bin: Ich atme ein paar Mal bewusst tief ein und aus, strecke meinen Körper und spüre den Boden unter meinen Füßen.
- Ich richte meine volle Aufmerksamkeit immer nur auf eine Sache zurzeit (Handy-Pausen!!!), um stressfreier durch den Tag zu gehen.
- Ich trainiere die Fokussierung meiner Sinne, indem ich zum Beispiel beim Musikhören darauf achte, ob ich die einzelnen Instrumente heraushören kann.
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