Der September ist der Monat der Reife. Die Jahresmitte ist überschritten und die zweite Hälfte beginnt. Für viele Menschen ist dieser Monat der Start in die heimelige und gemächlichere Zeit des Jahres. Nicht mehr lange und wir machen es uns wieder zuhause gemütlich, igeln uns kuschelig ein und die quirlige Energie des Sommers kommt zum Ruhen. Hildegard von Bingen hat ein paar wertvolle Tipps für diesen erntereichen Monat parat.
Nach Hildegard von Bingen beginnt mit der zweiten Jahreshälfte die Zeit der Reife und der Ernte – in Bezug auf Lebensmittel und auch im übertragenen Sinne.
Mit Hildegard von Bingen freudig die Früchte ernten
Neulich sprach jemand von der Reife des Lebens, die so ab dem 50. Lebensjahr beginnt. Trotz des andauernden Jugendkults hat diese Beschreibung für die zweite Lebenshälfte etwas Beruhigendes und Schönes. Man erntet jetzt, was all die Jahre zuvor gereift ist. Und damit meine ich vor allem Erfahrungen und Gelassenheit. Hildegard von Bingen beschreibt in ihren Monatstexten den September als Reifezeit und als Zeit der Geduld. Und ist es nicht irgendwie auch schön, die Reifezeit zu genießen? Sie beinhaltet viele schöne Momente der Muße, der Dankbarkeit, des sinnlichen Genusses und der bewussten Wertschätzung.
Der Mensch erkennt durch seinen Tastsinn die Früchte, die zum Essen reif sind. Erst jetzt wird er sie essen, damit durch die Unreife seine Säfte nicht gestört werden und er in eine Krankheit fällt. So entfernt auch dieser Monat den nicht bekömmlichen Saft aus den Früchten.
aus: „Liber divinorum opera – Buch der göttlichen Werke„
Sicherlich bezieht sich Hildegard von Bingens Monatstext auf die tatsächliche Ernte. Denn weiter geht es mit handfesten Ernährungstipps. Bei uns im Alten Land gleich an der Elbe beginnt beispielsweise bei den vielen Apfelbauern schon jetzt das große Pflücken. Doch abgesehen von der tatsächlichen Ernte kann man Hildegard von Bingens Text auch anders lesen: In der Reife des Lebens verfügen wir nämlich endlich über das Wissen, unsere begangenen Fehler dankbar als Lehre anzunehmen. Diese geistige Reife ist ein wertvolles Geschenk. Dieses sollten wir nicht mit Hadern über das Alter missachten.
Hildegard von Bingens Ernährungstipps für den September
„Der Monat September ist daher auch in seinen Eigenschaften wie der Bauch des Menschen. In ihm wird alles, was in ihn hineingeschickt wird, durch Wärme der Leber und der übrigen Eingeweide ausgekocht. Durch die richtige Mischung an Wärme und Kälte wird es auf die Festgesetze Weise dann richtig ausgeschieden. Aber dieser Vorgang wird manchmal durch Krankheiten außer Kraft gesetzt.
siehe auch: hildegardvonbingen.info
Jetzt aber zurück zur Ernährung: Bummelst du über den Wochenmarkt, findest du jetzt eine selten reichhaltige Auswahl an heimischem Obst und Gemüse. Da macht es Spaß, achtsam zu tasten und zu schauen, welche Produkte wir für unsere Mahlzeiten wählen. Eiskalte Getränke und viel Rohkost im Sommer haben nämlich unserem Verdauungssystem nicht unbedingt gut getan. Denn alles, was in unseren Magen geschickt wird, muss dort mit viel Energieaufwand verdauungsgerecht verarbeitet werden. Zu kalte und zu rohe Produkte bedeuten für den Verdauungstrakt richtig Arbeit. Jetzt, wo die Zeit der Eintöpfe beginnt, freut sich unser Magen gewiss über etwas Arbeitserleichterung. Und wer trotzdem so hier und da seine Verdauungsprobleme hat, dem ist laut Hildegard von Bingen mit dem Verzehr von Flohsamen und Fenchel geholfen.
Nach Hildegard von Bingen ist der Monat der Reife ein Sinnbild für Geduld
„In dieser Weise ist die Geduld immerfort auf dem rechten Wege, weil sie das Himmlische nicht läßt und das Irdische nicht verachtet. Allen Anreiz zum Lasterhaften — des Teufels Fallstrick — zertritt sie in dem wahren Licht, das Gott ist. In allen Dingen überläßt sie sich weder allzu großer Fröhlichkeit, noch stürzt sie uns in die Traurigkeit, …“
www.gottliebtuns.com
Der Monat September sollte uns dazu anregen, uns einmal Gedanken über die Reifung zu machen. Alles im Leben braucht seine Zeit, seien es nun die Früchte der Erde, bis sie geerntet werden können, oder Entscheidungen, die gefällt werden müssen, und manchmal auch die Liebe zu dir selbst, wenn dieses Geschenk dir nicht mit in die Wiege gelegt wurde.
Hört sich vielleicht zuerst etwas weit hergeholt an, doch nimm beispielsweise die Äpfel, die in vielen Gärten rot und prall die Apfelbäume schmücken. Es dauerte viele Wochen, Regen und Sonne, bis die Früchte nun endlich gereift zur Ernte schwer an den Ästen hängen. Wir sind so eng mit der Natur verbunden und im Grunde ist die Erntezeit ein wunderbarer Spiegel, um sich in Ruhe mit sich selbst zu beschäftigen. Achtsam zu schauen, mit welcher Bereitschaft wir geduldig unsere geistige Reife annehmen beziehungsweise wertschätzen. Und ebenso unsere emotionale Reife. Denn Selbstliebe beispielsweise hat viel mit emotionalem Reifen zu tun.
Nimm dir doch einfach mal einen Apfel in die Hand, befühle seine Schale, betrachte die Färbung und ertaste seine Konsistenz. Dann schneide ihn in zwei Hälften, rieche an seinem Fruchtfleisch und beiße nun ein Stück ab, um es ebenso achtsam zu kauen und zu schmecken. Eine derart simple „Achtsamkeitsübung“ eignet sich wunderbar, um bei sich selbst anzukommen und ein wenig zu reflektieren.
- Beim nächsten Wochenmarktbesuch nehme ich mir Zeit, um die vielen Früchte der Natur achtsam zu ertasten und ihre Aromen intensiv aufzunehmen.
- Geduld ist ein guter Vorsatz für die Woche. Darauf werde ich sehr bewusst achten.
- Mehr Geduld bedeutet auch: Ich werde mir wieder mehr Zeit und Muße für die Zubereitung meiner Speisen nehmen, um achtsamer zu spüren, welche Nahrungsmittel mir guttun.
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