4 Schritte zur gelassenen Steuerung unserer Emotionen

Gefühle von Minderwertigkeit, Ungeduld, Hader, Zweifel und Zorn – die Palette unserer Negativ-Emotionen ist breit gefächert. Wäre schon schön, wenn wir gelassener wären, um diesen Gefühlswogen nicht ausgeliefert zu sein. Im Nachhinein plagen uns oft Reue und Schuldgefühle. Folgende vier Einsichten lassen sich trainieren – sozusagen neue Ebenen unserer Wahrnehmung.

Erst über die Besänftigung des Körpers mithilfe bewussten Atmens können wir lästige Emotionen auflösen, um zu unserer Gelassenheit zurückzufinden.

In Gelassenheit reagieren

Diese Woche abends beim Tischtennis-Training: Wir sind kurz vorm Ende des Trainings und zu viert. Vier Personen braucht man, um ein Doppel zu spielen. Da sagt eine Spielerin, dass sie leider schnell losmüsse, da sie ausnahmsweise mit der Bahn da sei und sonst nicht den Zug bekäme. Und sofort sagt ihre Doppelpartnerin: „Jutta nimmt dich mit dem Auto mit, liegt doch quasi auf ihrem Weg.“ Hallo? Während die anderen 10 Minuten von der Turnhalle entfernt wohnen, muss ich immer eine knappe dreiviertel Stunde mit dem Auto fahren. Und es liegt nicht „quasi auf dem Weg.“

Sofort ist meine Stimmung im Keller und ich innerlich vor Wut am Dampfen, denn man könnte mich ja auch einfach fragen, als einfach so über meinen Kopf hinweg bestimmen. Natürlich fahre ich die Spielerin gerne nachhause, kein Thema. Statt gelassen zu reagieren und genau das, was ich fühle, freundlich und ruhig zu sagen, fresse ich den Ärger in mich hinein. Wir spielen also doch noch das Doppel gegeneinander, gedanklich jedoch lässt mich der Ärger nicht los und ich spiele entsprechend schlecht und ärgere mich tatsächlich noch den Rest des Abends darüber.

Hätte ich bewusster auf meine emotionale Reaktion geachtet, hätte ich diese Situation in Gelassenheit klären können und wäre den emotional aufkeimenden Ärger schnell wieder losgeworden.

Unterdrückte Emotionen können unsere Gelassenheit noch Stunden aus dem Gleichgewicht bringen.

Um solche und ähnliche Situationen zu verstehen, sollten wir uns mit den emotionalen Vorgängen auseinandersetzen, um rechtzeitig zu erkennen, was dort abläuft.

1. Einsicht in körperliche Abläufe

Jede Emotion ruft sofort eine körperliche Reaktion hervor. Ärgerst du dich zum Beispiel, spannst du deinen Körper innerlich an. Diesen Aspekt kannst du von innen und von außen betrachten. Innen spürst du die Anspannung, wie es enger wird und du dich in dir selbst zusammenziehst. Von außen kannst du dieser Emotion entgegenwirken, indem du dich beispielsweise aufrecht hinstellst (beziehungsweise hinsetzt, je nach Situation) und für zwei Minuten ruhig atmet. Tief in den Brustbereich einatmen und gleichmäßig ausatmen. Und dabei dem Atemfluss nachspüren! So entspannst du deinen Körper und lässt die Emotion mehr und mehr los.

Über deinen Körper kannst du deine Emotionen regulieren und zu einer gelassenen Haltung zurückfinden.

2. Einsicht in emotionale Abläufe

Solange dein Körper in Aufregung ist, kannst du deine Emotion nicht besänftigen. Erst nach Besänftigung des Körpers über die Atmung, wie in Punkt 1 beschrieben, spürst du, wie sich der Ärger löst. Im Grunde erkennst du auch erst durch die Konzentration auf den Körper das Ausmaß der Emotion und welche Art von Emotion dich am Wickel hat. Zurück zum Beispiel: Ich spürte Ärger und darunter verborgen die Kränkung, nicht wertgeschätzt zu werden, da einfach über mich bestimmt wurde.

Passend zum Thema habe ich gerade neulich erst in einem interessanten Buch der buddhistischen Nonne Pem Chödrön geblättert: „Wenn alles zusammenbricht: Hilfestellung für schwierige Zeiten“. Darin zitiert sie einen Satz, den sie als Leitsatz für sich gewählt hat:

Nur in dem Maße, in dem wir uns wieder und wieder der Vernichtung anheimgeben, können wir das Unzerstörbare in uns entdecken.“

Es geht bei dem 2. Schritt – der Einsicht bezüglich unserer Emotionen – darum, alles loszulassen. Wobei unser Körper uns den Weg dahin ebnet. Und in dem Moment, wo wir alles an Emotionen loslassen, finden wir zu einer unumstößlichen Gelassenheit und einem kraftvollen Frieden in uns.

3. Einsicht in gedankliche Abläufe

 Im wertfreien Erkennen der jeweiligen Emotion zugrundeliegenden Empfindsamkeiten, Glaubenssätze oder Konditionierungen bietet sich die Möglichkeit, sich davon zu lösen.

Selbstverständlich ist es auch wichtig, zu erkennen, welche Gedanken deine Emotion provoziert haben. Hier erkennst du mit Sicherheit typische Glaubenssätze oder Konditionierungen. Gleichzeitig ermöglicht die achtsame Distanz über den Atem sowie das Loslassen der Emotion die Formulierung neuer Gedanken. Bei diesem Schritt geht es auch darum, die Gedanken lediglich zu erkennen, ohne sie zu beurteilen. Tauchen Bewertungen auf, wie beispielsweise Selbstkritik, dann nimm diese wertenden Gedanken lediglich wahr, ohne dich damit zu identifizieren.

Jeder Tag bietet uns unzählige Möglichkeiten, uns zu öffnen oder zuzumachen. Die kostbarste Gelegenheit ergibt sich dann, wenn wir an den Punkt kommen, wo wir glauben, mit den Ereignissen nicht mehr fertig zu werden.“

(Pema Chödrön, „Wenn alles zusammenbricht: Hilfestellung für schwierige Zeiten“)

4. Einsicht in die Geistesobjekte

Dieser letzte Schritt, die Einsicht in das Wissen, beschenkt dich mit dem Vertrauen, dass du dich im Laufe der Zeit mehr und mehr von all den festgefahrenen Gedankenmustern lösen kannst. Je geübter du die ersten drei Schritte praktiziert, desto größer wird dein Wissen um die Vielzahl an Emotionen, die an deiner Gelassenheit und damit an deinem inneren Gleichgewicht rütteln. Je länger du Achtsamkeit praktizierst, desto tiefer wird dein Verständnis, welche entscheidende Bedeutung das Zusammenspiel von Gedanken – Emotionen – Körper hat. Und dass du selbstverantwortlich dieses Zusammenwirken beeinflussen kannst.

Der Übungsverlauf ist ein wenig so wie Bergwandern. Zuerst ist da nur der eine Hügel, aber wenn wir einen schönen Weg gefunden haben, auf dem es sich sicher und angenehm wandern lässt, erreichen wir unweigerlich immer größere Höhenlagen. Und mit jedem Höhenmeter wird die Aussicht weiter.“

(Matthias Ennenbach aus: „Achtsame Selbststeuerung: Grundlagen und Praxis der Achtsamkeit“)

Die vier Einsichten sind natürlich nicht mal eben so umzusetzen. Vielleicht startest du erst einmal mit der 1. Einsicht: mit der achtsamen Wahrnehmung des Körpers. Schau bewusst, wie sich dein Körper in diesem Augenblick anfühlt, welche Haltung hast du eingenommen und was verändert sich, sobald du dich aufrichtest und achtsam atmest. Für den Anfang ist das bereits recht viel. Übe diesen 1. Schritt mehrmals im Laufe des Tages, bis daraus ein Automatismus geworden ist. Erst dann geht es an die nächste Einsicht.

  • Ich stelle auf meinem Handy die Erinnerungsfunktion an, damit ich dreimal täglich zum achtsamen Spüren meines Körpers ermahnt werde.
  • Ich übe die Einsicht in meinen Körper konsequent für mehrere Wochen und gebe meinem Ehrgeiz nicht nach, der natürlich gleich zum 2. Schritt lospreschen will.
  • Alle Emotionen, die mich täglich begleiten, nehme ich über die Atmung gelassen an und lasse sie über die Atmung wieder los, ohne sie zu bewerten.
Über Achtsamkeit im allgemeinen, was das ist und wie es dir hilft, kannst du hier weiterlesen Worum es speziell beim Thema "Gelassenheit" geht, findest du hier ...

Folge dem Blog – Jede Woche neue Impulse

Bleib am Ball mit der wöchentlichen "Das tut mir gut"-E-Mail:
Freitags gibt es eine EMail mit den aktuellen Blog-Beiträgen der Woche. Nimm Dir die Zeit zum Lesen, um Dein Leben bewusster zu gestalten und Dich selbst entsprechend wertzuschätzen.

Klar möchte ich nichts verpassen ...