Viel zu oft ärgern wir uns, meist über Kleinigkeiten, manchmal über Gravierendes. Das Gefühl des Ärgers ist nicht schön, aber wichtig. Denn Ärger zeigt uns, dass unsere Bedürfnisse oder unsere Grenzen übergangen wurden. Wer dem Ärger mit Gelassenheit begegnet, kann besser für sich einstehen und sorgt gut für sich.
Gelassenheit hilft uns, Ärger anzunehmen und zu erkennen, welche Bedürfnisse, Erwartungen oder Werte hier verletzt wurden.
Du hast die Wahl
Ich kann mich herrlich aufregen, laufe dann wild gestikulierend umher und posaune meinen Ärger heraus. Jedoch meist erst im Nachhinein gegenüber meinem Mann. Denn in der jeweiligen Situation selbst verschlägt es mir meist die Sprache. Da bin ich wenig schlagfertig und muss erst einmal wirken lassen, was passiert ist. Insofern gehöre ich zu der Kategorie Mensch, die ihren Ärger einpackt und mitnimmt. Das ist nicht gut, denn meine Gedanken kreisen dann nur noch um diesen Ärger und ich werde ihn erst los, wenn ich ihn am Abend meinem Mann mitteile. Aber immerhin: Indem man seinen Ärger mit einer dritten Person teilt, sprich ihn einer anderen Person erzählt, beruhigt man sich ein wenig und sieht die Dinge gelassener.
Nun könnte man auch dafür plädieren, seinen Ärger sofort Luft zu machen. So in etwa wie einen Luftballon bis zum Platzen aufpusten und ihn dann nicht verknoten, sondern loslassen. Schließlich beschleunigt Ärger unsere Herzfrequenz und hebt die Körpertemperatur an, da wäre ein spontanes „alles Rauslassen“ doch ganz gesund, oder etwa nicht? Doch laut Untersuchungen sei es weder gesund, den Ärger unkontrolliert freien Lauf zu lassen, noch ihn in sich hineinzufressen.
Denn der Körper würde im Erregungszustand bleiben und der Blutdruck damit weiterhin auf hohem Niveau. Statt also Dampf abzulassen oder den Ärger hinunterzuschlucken, geht es darum, ihn erst einmal anzunehmen. Denn laut Psychologen sei Ärger ein komplett normales Gefühl, dass uns darauf hinweisen will, dass unsere Grundbedürfnisse verletzt wurden. Beispielsweise sitzt du mit einer Freundin im Café und ihr plant eine Feier. Und wie selbstverständlich sagt sie, dass du dich um alles Kulinarische kümmern sollst, schließlich hättest du ja nur einen Halbtagsjob und Zeit zuhauf.
Jetzt hast du die Wahl: Du kannst dich den Rest des Tages über dieses anmaßende Verhalten ärgern, oder du entscheidest dich dafür, diese Situation als Übung zu nehmen, um an ihr zu wachsen. Und deswegen ist es so wichtig, den Ärger in Gelassenheit anzunehmen, ihn zu betrachten und dich zu fragen: Warum ärgert mich diese Situation so sehr?
In dem Moment, in dem du deinen Ärger gelassen annimmst, hast du die Möglichkeit zu schauen, welches deiner Grundbedürfnisse übergangen wurde.
Erkennen, welches Bedürfnis übergangen wurde
Meist ist es so, dass wir uns ärgern, weil unsere Grenzen übergangen oder auch unsere Werte nicht beachtet wurden. In dem eben genannten Beispiel erkennst du auch, wie oft es bei Ärger auch um einen Angriff auf deinen Selbstwertgefühl geht. Dein Körper reagiert sofort darauf, indem er sich evolutionsbedingt auf Verteidigung beziehungsweise Angriff vorbereitet. Abgesehen von dem Anstieg der Körpertemperatur zeigt sich diese körperliche Reaktion auch in deinem Gesicht: Die Lippen werden schmal, die Stirn zieht sich zusammen, die Wangen röten sich und der Blick wird starr. Ignorieren lässt sich der Ärger also nicht. Daher ist es sinnvoll, jetzt in Gelassenheit bewusst damit umzugehen. Und dich dann zu fragen: Was ist es genau, was meinen Ärger verursacht?
Es geht also kein Weg daran vorbei, durch den Ärger hindurchzugehen, statt zu versuchen, auszubrechen. Das bedeutet: Wahrnehmen, wie du dich gerade fühlst und deinen Ärger spüren. Natürlich hilft es jetzt, zu atmen. Am besten beim Einatmen in Gedanken bis 4 zählen und beim Ausatmen bis 6. Dadurch lenkst du zum einen deine Gedanken auf deinen Atem, sprich vom Ärger weg. Und andererseits lässt du die Energie fließen. Übrigens hilft es auch, erst einmal aus der Situation herauszugehen.
Bei dem beschriebenen Beispiel könntest du schnell mal zur Toilette gehen, dort über deinen Atem wieder bei dir ankommen, um dann in Klarheit zu schauen, wie du reagieren willst. Hier kannst du dann auch beim Atmen richtig kräftig und laut durch den Mund ausatmen und dir dabei vorstellen, wie du deinen Ärger aus dem Bauch durch deinen Mund abwirfst.
Gelassenheit hilft dir, den Ärger zu spüren und damit bewusst umzugehen, um den tieferliegenden Grund deines Ärgers zu erkennen.
Wunsch und Wirklichkeit
Laut Wissenschaft entsteht Ärger dann, wenn wir auf dem Weg zu unserem Ziel blockiert, unsere Werte verletzt werden oder wenn wir uns in unserem Selbstwert verletzt fühlen. Mit Ziel sind unsere Erwartungen gemeint. Wir haben immer irgendwelche Erwartungen an die anderen, auch wenn uns das gar nicht bewusst ist. Insofern können wir mithilfe von Gelassenheit erkennen, dass in vielen Situationen unsere Erwartungshaltung nicht erfüllt beziehungsweise übergangen wurde.
Da jedoch jeder Mensch die Welt mit eigenen Augen sieht, sind unsere unterschwelligen Erwartungen entsprechend unterschiedlich. Hier hilft also Kommunikation, miteinander reden, um die eigenen Wünsche und Vorstellungen mitzuteilen. Denn auch, wenn wir uns in unseren Werten missachtet fühlen, können wir nie davon ausgehen, dass die anderen den gleichen Werte-Maßstab ansetzen. Was wir unter Gerechtigkeit, Rücksichtnahme und Mitgefühl verstehen, wissen andere Menschen nicht. Von daher können wir nicht erwarten, dass der andere hier genauso tickt wie wir. Und deswegen ist es so wichtig, den Ärger in Gelassenheit annehmen, um zu verstehen, was hier in Wirklichkeit gerade passiert.
Erwartungsverletzungen sind ein häufiger Grund für Ärger. Je gelassener wir jedoch den Ärger akzeptieren, desto klarer können wir unsere Erwartungen kommunizieren.
Lassen wir uns von unserer Wut jedoch emotional fortreißen, kriegen wir einen Tunnelblick. Indem wir Ärger dagegen zulassen und gelassen anschauen, eröffnen wir uns einen breiten Handlungsspielraum. Jetzt können wir uns auch fragen: Welche Handlungsmöglichkeit habe ich? Hat diese Situation negative Folgen für mich? Und ist die Situation wirklich so bedeutsam, dass ich sie auch nach Jahren noch erinnere?
Nicht jeden Schuh anziehen
Und wie sieht es jetzt aus, wenn wir den Ärger von jemand anderen abbekommen? Zum Beispiel mault dich jemand im Supermarkt an, weil du ihm an der Kasse zu langsam bist. Das ist sein Ärger und nicht deiner. Wahrscheinlich wurde hier seine Erwartung – nämlich ratz fatz in der Mittagspause ein paar Einkäufe zu erledigen – nicht erfüllt. Bleibst du gelassen, erkennst du, dass diese Situation mit dir im Grunde wenig zu tun hat. Den Ärger musst du nicht annehmen, sprich nicht drauf anspringen. Aber das Schöne ist: Je gelassener wir lernen, mit Ärger umzugehen, desto besser durchschauen wir auch den Ärger von anderen Menschen und das wiederum schützt uns davor, mit Ärger auf Ärger zu reagieren.
- Ärgere ich mich, versuche ich für einen Moment aus der Situation herauszugehen, um über meinen Atem zur Gelassenheit zu finden.
- Ärgert mich etwas, widerstehe ich dem ersten Impuls des emotionalen Reagierens, sondern nehme stattdessen bewusst wahr, was ich spüre, um dann nach dem wahren Grund meines Ärgers zu schauen.
- Ich teile meinen Ärger einer dritten Person mit, um über das Gespräch wieder zu meiner Gelassenheit zu finden.
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